Choreograf des Jahres: Marcos Morau
«Liebe mich – und heute Nacht wird alles möglich sein!» Verspricht die queere Königin der Nacht und schickt ein dämonisches Lachen hinterher. Die Party der Abgründe beginnt. Marcos Moraus «Nachtträume» für das Ballett Zürich nehmen Gestalt an als cooler Totentanz in Stummfilm-Schwarz-Weiß zu schnellen Rhythmen und sanften Melodien. Gestochen scharfe Bilder rasen vorbei.
Es sind präzise choreografierte, revueartige Szenen, die den Geist der 1920er- und 30er-Jahre atmen: ein großer runder Tisch, an dem die androgynen Figuren mit gelacktem Haar tänzerisch konferieren; Herren in dunklen Anzügen, die so hoch geschnitten sind, dass ihre Köpfe darin verschwinden und ihnen eine Lichtkugel aus dem Kronleuchter als Kopf aufgesetzt wird. Totalitarismus, Nazismus, Kriegsgefahr – alles ist wieder da. Die cineastischen und tanzhistorischen «Nachtträume» sind ein Meisterwerk. Sie zitieren mit unzähligen Referenzen die Welt-, Tanz- und Kunstgeschichte: von Kurt Jooss‘ «Der Grüne Tisch» über Leni Riefenstahl und Luis Buñuel bis René Magritte. Die Ovationen für das Anti-Kriegsballett des 21. Jahrhunderts bei der Uraufführung im September 2022 im Züricher Opernhaus sind mehr als Applaus. Sie sind ein ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
- Alle tanz-Artikel online lesen
- Zugang zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von tanz
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Tanz Jahrbuch 2023
Rubrik: Die Saison 2022/23, Seite 130
von Bettina Trouwborst
Frisch, gehaltvoll und couragiert hat sich die diesjährige Ausgabe des Festivals «TransAmériques» unter der künstlerischen Leitung des Doppelgespanns Martine Dennewald und Jessie Mill in Montreal präsentiert. Die beiden Frauen erweitern den ästhetischen Horizont mit einem dezidiert zeitgenössischen Zugriff auf die postpandemische Wirklichkeit mit all ihren...
Dem schnelllebigen Wechsel von Theater-, Opern- und Ballettintendanzen setzte John Langlebigkeit und Nachhaltigkeit entgegen und feiert 2023 die Goldene Hochzeit mit dem Hamburg Ballett. 1985 inzenierte John auf Kampnagel, auch er war auf der Suche nach dem inspirierenden Einfluss dieser auratischen Hallen. Als ich 2007 nach Hamburg kam, war John Neumeier längst...
Andrea Amort, Wien
freie Autorin u. a. tanznetz.de
Interessanteste Inszenierung: «Neuzeit» von Johannes Wieland für Tanz Linz (Landestheater Linz)
Interessanteste*r Choreograf*in: Marco Goecke, zuletzt mit «In the Dutch Mountains» für das NDT (Den Haag)
Tänzer*in des Jahres: Das Ensemble in Mette Ingvartsens jüngster Produktion «Skatepark»
Kompanie des Jahres: Het...