Liebestraumtänzer, Intrigenspinner, Hoffnungssucher

«Die lustige Witwe» punktet in Genf mit einer klug zusammengestellten Besetzung

Diese Aufführung ist schnell und leichtfertig abgekanzelt worden. Das hat sie nicht verdient. Freilich: Man muss Gelassenheit mitbringen und etwas Geduld, um ihre Dezenz zu entdecken und ihre Genauigkeit, die sich nicht aufdrängt. Mit knallbuntem Operettenleben hat sie nichts zu tun. Mit Dekonstruktion aber auch nicht. Deshalb könnte man sie bei flüchtiger Betrachtung für unentschieden halten. Doch das ist sie keineswegs. Ihr Problem hat sie sich selbst geschaffen. Es ist der hohe, kühle, mit Marmor, Kassettendecke und Kugellampen ausstaffierte Einheitsraum (Christian Schmidt).

Der mag ein vorsorglicher Schutz sein gegen Kitsch und Klischees. Weil er an das Palais des Nations auf dem Genfer UN-Gelände erinnert, bringt er ein bisschen augenzwinkernde couleur locale ein. Für die Chargen der pontevedrinischen Gesandtschaft passt er vorzüglich. Doch für einen zwischen Galopp, Walzer und Polka kräftig zupackenden Operettenabend ist er dann doch zu stimmungsarm. Und die Toilettentüren, durch die aus dem Rhythmus gekommene Liebestraumtänzer, Intrigenspinner und Hoffnungssucher immer wieder flüchten, sind ihrerseits ein Klischee.

Es beginnt nicht mit Franz Léhar, sondern mit Marlene ...

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Opernwelt Februar 2011
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Stephan Mösch

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