Apropos ... Sex und Macht

José Cura ist das Multitalent der Tenor-Szene: Neben seinem Hauptberuf greift der Argentinier nicht nur regelmäßig zum Taktstock, sondern führt seit einiger Zeit auch Regie.

Herr Cura, Sie haben den Samson in etlichen Inszenierungen gesungen. Nun führen Sie selbst Regie – weil Sie es besser können?

So etwas denkt man als Teenager, aber nicht, wenn man auf die Fünfzig zugeht. Aber natürlich kenne ich in dem Stück jedes Wort und jede Note – nicht nur meine eigene Rolle, sondern wirklich alles. Und ich weiß vor allem um die besonderen Schwierigkeiten dieser Oper.

Und die wären?

Die große Gefahr bei «Samson und Dalila» ist, dass man in die Falle des Hebräer-Konflikts läuft.

Denn gerade weil der Krieg im Nahen Osten immer noch so aktuell ist, sieht jede modernere Inszenierung fast automatisch so aus, als wolle man mit dem Krieg zwischen Hebräern und Philistern die heutige Situation zwischen Israelis und Palästinensern illustrieren. Wenn man historische Kostüme nimmt, sieht das Ganze sofort aus wie die Hollywood-Sandalenschinken der Fünfziger. Und wirkt dann nur noch lächerlich.

Wie kommt man da raus?

Ich lasse das Ganze in einem verlassenen Ölcamp spielen, das als Gefangenenlager genutzt wird. Das hat für mich eine allegorische Bedeutung, denn das Öl steht für die Gier nach Reichtum, die eigentlich hinter den ganzen Völkerkonflikten steht. Ich versuche dabei, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt September/Oktober 2010
Rubrik: Magazin, Seite 103
von Jörg Königsdorf

Vergriffen
Weitere Beiträge
Ausgefeilte Gesten, erlesene Töne

Die Kulturnation Österreich feiert ihre Liebe zur Musik im Sommer nicht nur bei den teuer subventionierten Salzburger Festspielen. Fast noch eindrucksvoller sind die vielen kleinen Festivals in der Provinz, wo mit großem persönlichen Einsatz und kleinen Budgets oft auf höchstem Niveau musiziert wird. So etwa bei dem im Jahr 1994 gegründeten Damtschacher Sommer, der...

Ist seine Zeit endlich gekommen?

Zwei Prellböcke stehen auf der Bühne. Der Vorhang im Festspielhaus Bregenz ist noch geschlossen, da fällt schon der Blick auf die beiden stählernen Puffer, die wie Mahnmale erscheinen. Endstation Auschwitz. «Hier gibt es nur einen Ausgang. Durch den Schornstein des Krematoriums», singt in Mieczyslaw Weinbergs Oper «Die Passagierin» eine verrückt gewordene Alte...

Holocaust in den Seelen

Die Kammeroper «Pnima» war die herausragen­de Produktion der Münchener Biennale für Neues Musiktheater im Jahr 2000, sie wurde in der Kritikerumfrage dieser Zeitschrift zur «Uraufführung des Jahres» gewählt. Der ethisch und ästhetisch hoch riskante Versuch der 1957 geborenen israelischen Komponistin Chaya Czernowin, die Judenvernichtung durch die Nazis, genauer:...