Schenkt man sich Rosen im Serail

Schuberts Operntorso «Der Graf von Gleichen», komplettiert von Richard Dünser

Die Legende vom Kreuzritter Ernst von Gleichen, der aus siebenjähriger Kriegsgefangenschaft eine orientalische Prinzessin in die thüringische Heimat mitbrachte und daselbst mit Einwilligung seiner ersten Frau sowie des Papstes eine angeblich harmonische Ehe zu dritt geführt haben soll, beschäftigt die Literatur seit Jahrhunderten. Goethe ­zitiert sie in der Erstfassung seiner «Stella» (1776), Musäus malt sie in seinen «Volksmärchen der Deutschen» (1786) breit aus («Melechsala»).

Auf dessen Text basiert Schuberts letzte, unvollendete Oper, zu der sein jüngerer Freund Eduard von Bauernfeld (1802-1890), später einer der fruchtbarsten und erfolgreichsten Komödienautoren des Vormärz, das Libretto geliefert hat. Die Ironie, der satirische Witz und die erotische Direktheit, die man bei Musäus bewundert und genießt, gehen in seiner biedermeierlich-betulichen Umsetzung allerdings gänzlich verloren.
Zwei Beispiele: Bei Musäus überreicht Gleichen, der Gärtner wider Willen, der Prinzessin ahnungslos eine «Muschirumi» (seltene Hyazinthenart), woraufhin diese sich ein paar Tage in ihrem Zimmer verschließt. Denn sie kann sich auf Arabisch keinen anderen Reim darauf machen als «Ydskerumi», was ...

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Opernwelt Januar 2005
Rubrik: Platten, Seite 58
von Ekkehard Pluta

Vergriffen
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