Seelen-Bergwerk

Das Orchester ist Teil einer spär­lichen Handlung. Was heißt Handlung? Es ist ein musiko-literarischer Abend, bei dem Wort und Ton ineinandergreifen, sich behutsam ergänzen, ohne je wirklich zusammenzugehören oder, umgekehrt, sich bewusst in die Quere zu kommen.
Der Regisseur und Schauspieler Tobias Moretti hat für die Ruhr­Triennale ein Programm entworfen, dessen Titel an Johann Peter Hebel angelehnt ist: «Der Seelen wunder­liches Bergwerk».

Moretti hat Texte von Trakl, Heine, Grillparzer, Marti, Enzensberger, Houllebecq, Rilke und eben Hebel zusammengestellt und diese musikalisch mit Werken von Mozart, Kraus, Haydn, Britten, Pärt u. a. gemixt. Als großartig entpuppte sich das Kammerorchester modern­times, das sich mit Verve, Sorgfalt, Raffinesse und Kühnheit ins Zeug legte. Nichts entging seiner Aufmerksamkeit, kein Moment Langeweile, nie Mittelmaß. Moretti, der fortwährend von einem Akkordeon tragenden Kompagnon begleitet wurde, las die Texte eindringlich, weil unaufdringlich, mit geschickten Ritardandi, kleinen Pausen, subtilen emphatischen Höhepunkten.
Das szenische Geschehen als durchgehende Handlung zu bezeichnen, wäre zu viel gesagt. Das Orches­ter macht beispielsweise an ...

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Opernwelt Dezember 2005
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Christoph Vratz

Vergriffen
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