Obsession

Berlin, Puccini: Turandot

Vor fünf Jahren bescherte Kent Nagano Berlin an der Lindenoper eine neue «Turandot», die nicht nur aufhorchen ließ, weil das damals noch druckfrische Finale Luciano Berios auf den Notenpulten lag, sondern auch wegen ihres gehärteten, gleichsam trockeneisgekühlten Klangbildes (siehe OW 11/2003). Puccini, der Meister des molto cantabile hatte ausgedient, hier galt der Einsatz dem (fassungslosen) Bewunderer des Schönberg’schen «Pierrot lunaire».

Und es ist diese Konzentration auf die collagehaften, fragmentarischen Züge der in eine ungesicherte Zukunft weisenden Partitur der 1924 unvollendet hinterlassenen letzten Oper Puccinis, die jetzt auch Pinchas Steinbergs Dirigat an der Deutschen Oper auszeichnet. Im Unterschied zu Nagano hat Steinberg freilich neben dem Wohin stets das Woher im Ohr: Der späte Verdi, «Bohème» und «Butterfly», überhaupt die Tradition der italienischen Oper schwingen ebenso mit wie die «Turandot»-Zeitgenossen «Elektra» und «Wozzeck», selbst Strawinskys «Sacre» blitzt auf. Steinberg gelingt diese Gratwanderung vorzüglich – vom frei schwebenden Mondchor im ersten Akt («Perché tarda la luna?») bis zur hohlen Vokalmotorik der Minister Ping, Pang und Pong, von ...

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Opernwelt November 2008
Rubrik: Panorama, Seite 49
von Albrecht Thiemann

Vergriffen
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