Schöne Bescherung

Pfitzners «Christelflein» in einer ­Neuaufnahme des Bayerischen ­Rundfunks bei cpo

Opernwelt - Logo

Als kleiner Junge stand auch ich oft mit leuchtenden Augen vor dem Weihnachtsbaum, und ich erinnere mich gern an diese Zeit zurück. Trotzdem empfinde ich Pfitzners «Christelflein» als ein ziemlich ungenießbares Machwerk. Denn hier kommt zusammen, was absolut nicht zusammengehört. Dräuendes Erlösungspathos und affektierte Kindlichkeit, nachwagnerische Leitmotivik und gestelzt zitierte Weihnachtslieder, Pfitzners strenger und spröder Tonsatz kollidiert ständig mit dem süßlichen Text.

Mit einer Ausnahme: In der musikalischen Beschreibung der Christkindchen-Sphäre greift er derartig in den Honigtopf, dass daneben Humperdincks «Vierzehn Englein» wie eine Nulldiät wirken.
Als vorweihnachtliches Theaterangebot hat sich «Das Christelflein» mit gutem Grund nicht gegen «Hänsel und Gretel» durchsetzen können. Dass es immer wieder Versuche gibt, es wenigstens in konzertanter Form am Leben zu erhalten, erklärt sich aus der Reputation des Komponisten, dessen konservative Haltung auch als Rebellion gegen den Zeitgeist zu verstehen ist. Die Sehnsucht nach der «heilen Welt» hatte im Kriegsjahr 1917 nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs und aller Werte, die es vertrat, auch eine politische ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Januar 2006
Rubrik: CDs, Seite 57
von Ekkehard Pluta

Vergriffen
Weitere Beiträge
Mit dem Zeigefinger

Die pädagogische Absicht ihrer «Così» haben Mozart und Da Ponte schon im Untertitel vermerkt: Als «Schule der Liebenden» wollten sie ihr Partnertausch-Experiment verstanden wissen, und das darf bis heute jeder Zuschauer getrost auf sich selbst beziehen. Nur: Worin besteht das Lernziel dieser Unterrichtseinheit? Für Peter Kon­witschny, der sich jetzt erstaunlich...

Sorgfältig proportioniert

«Seichte Muse und neue Heimat» – unter diesem Motto bilanziert Ulrich Schreiber die britische Oper des 20. Jahrhunderts im unlängst erschienenen vierten Band seiner monumentalen Geschichte des Musiktheaters. In der Tat: Die Suche nach einer seit den Tagen Blows und Purcells verloren geglaubten nationalen musikalischen Identität sowie ein auch Sentimentalitäten...

Strauß: Die Fledermaus

Es muss ja nicht gleich alles auf silvestertaugliche Nostalgiebilder hinauslaufen, die Strauß’ «Fledermaus»-Phantasmagorie aus der Spätphase der k. u. k.-Monarchie zur seligen Walzerparade verharmlosen, wenn der in Polka, Galopp und Dreischritt eingeschriebene Hintersinn des Stücks auf der Bühne Gestalt annehmen soll. Jene morbide Wiener Sozietät der Eisensteins,...