Bitte keine Experimente
Es sind minus siebenundzwanzig Grad in Helsinki, der Schnee fällt schnell und schwer. Lange hält’s keiner draußen aus, schon gar nicht in Abendkleidung. Weil die Schneeberge empfindliches Schuhwerk ruinieren würden, hat die Nationaloper vorgesorgt: Schuhtaschen für jeden! An der Garderobe sitzen, hocken, stehen also rund zwölfhundert Menschen, um die Schuhe zu wechseln. Und: Das halbe Orchester ist bei der Anfahrt stecken geblieben. Also Warten auf «Die Frau ohne Schatten». Das Stück ist noch nie in Helsinki gespielt worden.
Auch ein Strauss-Festival hat es noch nie in Finnland gegeben.
Für «Die Frau ohne Schatten» ist Intendant Erkki Korhonen auf Nummer sicher gegangen. Bitte keine Experimente! Ein Märchen mit grandioser Musik sollte es sein. Michael Hampe hat sich an die Vorhabe gehalten. Auftritt, Abgang, dazwischen: Singen. Hans Schavernoch taucht die Geisterwelt in Nachtblau, verpasst der Färberwelt fahle, enge Gassen und armselige Behausungen einer orientalischen Metropole. Prospekte, Projektionen, bekannte Ästhetik, gemischte Gefühle.
Doch die Szene überstrahlt eine Sängerin: Kirsi Tiihonen als Färberin. Die finnische Sopranistin singt die Partie fast lyrisch, leicht, ...
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