Hart am Bewältigungskitsch

Mönchengaldbach, Heucke: Das Frauenorchester von Auschwitz

Gefängnisse waren in der Operngeschichte immer Stellwerke zwischen Leben und Tod. Wir wurden der Dunkelheiten in «Fidelio» gewahr, sahen die trügerischen Sterne über der Engelsburg in «Tosca», tauchten ein ins fahle Freiheitslicht in Janáceks «Totenhaus», ins Straf­lager von Schostakowitschs «Lady Macbeth von Mzensk», in die Alpträume von Dallapiccolas «Il prigioniero» (Der Gefangene). Hinterher brach trotzdem stets froher Jubel aus, weil auch das schlimmste Operngefängnis leicht als Fiktion zu erkennen war.


Bei einer Oper über das Konzentrationslager Auschwitz liegt die Sache anders. Dieses KZ war kein pittoreskes Verlies, sondern eine reale, singuläre Schlachtbank; Auschwitz war das monströse Totenhaus deutscher Geschichte. Was da geschah, mutet noch heute derart unfassbar an, dass allein die Erwähnung des Ortsnamens eine schier mythische Blendkraft besitzt. Theodor W. Adorno hielt nach Auschwitz jede lyrische Betätigung und den Versuch für undenkbar, der Perversionen der Nazis mit den Mitteln der Kunst Herr zu werden. Jedenfalls hat es bis heute keine Oper über Auschwitz gegeben.
Nun kommt der siebenundiverzigjährige Bochumer Komponist Stefan Heucke und nähert sich Auschwitz über ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt November 2006
Rubrik: Panorama, Seite 48
von Wolfram Goertz

Vergriffen
Weitere Beiträge
Horror und Erhabenheit

Es gibt Festivals, bei denen sich alles um den Rausch der Sinne dreht, aber auch solche, die eine intellektuelle Programmatik verfolgen. Das Bard SummerScape Festival zum Beispiel – es findet auf dem Campus des Bard College in Annandale, New York, statt – zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass die Spielpläne nicht zuletzt um Fragen des...

Science Fiction, satirisch

Auch wenn Jacques Offenbach nach 1871 in Paris nicht mehr die zentrale Rolle spielte wie im Zweiten Kaiserreich, so schrieb er bis zu seinem Tod (1880) immerhin noch vierzig Bühnenwerke, von denen einige sehr erfolgreich waren. Freilich hatte er sich dem veränderten Zeitgeschmack anzupassen. Jetzt waren Feerien gefragt, Ausstattung und moderne Bühnentechnik...

Versenkt

Für die letzte Saison, die er als Künstlerischer Leiter des Edinburgh Festivals verantwortete, hatte Sir Brian McMaster bei einem jungen schottischen Komponisten mit rapide wachsendem Ruf ein neues Stück in Auftrag gegeben und das Royal Opera House in London als Partner gewonnen. Stuart MacRae, 1976 in Inverness geboren, wurde mit einigen Instrumentalwerken...