Zeitreise
Hat dieser Mann mit den diversen Namen etwas gelernt im Laufe der zwei Jahrhunderte, in dem wir ihm an diesem Abend an der Norwegischen Oper in Oslo begegnen, im Rahmen eines so nie zuvor dagewesenen Opern-Triptychons? Zu Beginn, in Schumanns Liedzyklus «Frauenliebe und -leben», spielt John Lundgren den Hausherrn eines vornehmen Stadtpalais, der zur musikalischen Soiree mit einer jungen Sängerin geladen hat.
Ingeborg Gillebo gibt diese Künstlerin, und sie stimmt die 1840 komponierten Lieder mit der gewinnend warmen Lyrik ihres Mezzosoprans am heimischen Steinway an, pointillistisch zart begleitet von Håvard Gimse. Ihr liedgemäß erzromantisches Sehnen wird alsbald erfüllt: Er reicht der Schönheit ebenjenen Ring, den die kongenial vertonten Gedichtzeilen Adelbert von Chamissos überschwänglich rühmen.
Neun Monate später scheint auch sie die Erwartungen des Gatten erfüllt zu haben, indem sie ein Kind zur Welt bringt. Bis hierhin (über)zeichnet die Inszenierung von Tobias Kratzer die Figuren zwar mit köstlicher Komik im historisierenden Ambiente einer gediegenen Biedermeier-Bürgerlichkeit, bleibt aber noch nah an den Inhalten, die Chamisso und Schumann vorgeben. Danach jedoch gehen die ...
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Opernwelt März 2024
Rubrik: Panorama, Seite 36
von Peter Krause
Eigentlich hatte Rossini sich bereits von der Opera buffa distanziert, um sich in Frankreich am ernsteren Fach zu erproben, als er mit «Il viaggio a Reims» 1825 doch noch einmal eine Buffa für das Pariser Théâtre-Italien komponierte. Das Werk ist eine veritable Krönungsoper, geschrieben zur Inthronisierung König Karls X. von Frankreich, der nur fünf Jahre später...
Die romantische Oper lebt, auch in ihren letzten Exemplaren, vom Dreiklang aus Natur, Liebe und Tod. Streicht man einen dieser Topoi, wird es schwierig; streicht man zwei, ist es nicht mehr romantisch; streicht man drei, haben wir es mit schlechtem Regietheater zu tun. Die neue Berliner «Rusalka» kennt weder Natur noch Liebe; sie bietet lediglich Surrogate an. Im...
Er war einer der größten Sänger des 20. Jahrhunderts und ist doch kaum bekannt – der 2016 verstorbene US-Amerikaner Russell Oberlin. 1959 nahm er ein Recital mit Händel-Arien auf, das zweifelsohne zu den Glanzlichtern des Barockgesangs gehört. Darunter befindet sich auch die Arie «Ombra cara di mia sposa», in der Radamisto den vermeintlichen Tod seiner Frau Zenobia...