Nichts scheint, wie es immer war
ZUKUNFTSMUSIK
Das «unmögliche Kunstwerk» Oper lebt, allen Unkenrufen zum Trotz. Als Beleg mögen abseits der Pflege des kanonischen Repertoires auch und vor allem jene Stücke dienen, die sich mit der Tradition der Gattung auseinandersetzen, dabei aber neue Wege beschreiten. Um solche Werke des Musiktheaters soll es in dieser Rubrik gehen: um Uraufführungen, in denen neue Narrative kreiert werden und die Form selbst auf dem Prüfstand steht, zugleich aber auch jene Rezeption befragt wird, die sich mit der Wiederholung überlieferter Deutungsmuster begnügt. Zu Wort kommen Komponistinnen und Komponisten, Dramaturginnen und Dramaturgen sowie Dirigentinnen und Dirigenten.
Zwei Frauen sitzen nebeneinander. Um sie herum stapeln sich Briefe, Fotografien, alte Unterlagen und Dinge, die einmal Bedeutung gehabt haben. Die beiden Frauen suchen nach den Spuren eines Bewusstseins, das im Begriff ist, sich aufzulösen. Es sind Ellen und ihre erwachsene Tochter Ilse. Ellen hat Alzheimer. Die Sache wird noch komplizierter, als Ellen sich in den langjährigen Familienfreund Owen verliebt und dafür Ehemann Curtis verlassen will.
Hans Thomallas neue Oper «Dark Fall» stellt schwierige Fragen: Wo enden Autonomie und Selbstbestimmung? In wessen Interesse wird gehandelt und wer handelt überhaupt? Wer oder was bestimmt darüber, ob ein Mensch sich verlieben darf? «Dark Fall» erzählt die Geschichte einer Familie in einer Extremsituation. Die vier Figuren der Oper begegnen sich in alltäglichen Situationen, die immer wieder auch in Momente von Leichtigkeit und Komik umschlagen. Das Libretto zu «Dark Fall» hat der Komponist gemeinsam mit der Dichterin und Sprachwissenschaftlerin Juliana Spahr sowie dem Schriftsteller und Journalisten Joshua Clover geschrieben und dabei auf Motive aus Goethes «Wahlverwandtschaften» zurückgegriffen. Eingeflossen sind aber auch reale ...
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Opernwelt Februar 2024
Rubrik: Magazin, Seite 71
von Cordula Demattio
Keiner anderen Sprache ist das Melos so sehr eingeschrieben wie dem Italienischen. Genüsslich gedehnte Vokale, das grammatikalisch optimierte Verschmelzen von Worten, das emotionale Spiel mit Tonhöhen – alle Parameter der Sprache von Dante und Petrarca dienen dem einen großen Ziel des Legato. Die kompositorische Verfeinerung des Italienischen in den Opern von...
Mozarts «Ascanio in Alba» fristet im gängigen Opernrepertoire eher ein Nischendasein. Bei der Frankfurter Erstaufführung erstrahlt das Bühnenwerk aus der Feder des 15-jährigen Komponisten in zeitgemäßem Design. Regisseurin Nina Brazier und Bühnenbildner Christoph Fischer siedeln die von Kaiserin Maria Theresia für die Hochzeitsfeierlichkeiten eines Sohnes in...
In Teilen Moskaus herrscht Grabesstimmung. Die Musiktheaterszene der russischen Hauptstadt mag sich auch wenige Wochen nach der Entscheidung kaum mit dem Gedanken abfinden, dass der schier allgegenwärtige Valery Gergiev nicht nur Generaldirektor des Bolschoi-Theaters, sondern fast zwangsläufig auch Co-Vorsitzender des Vorstands der russischen Theaterunion geworden...