Bewegungsbilder mit Gesang
Das Thema reizt, gerade in Zeiten, da fast jede Woche Schlagzeilen über ermordete Kinder erscheinen. Doch Choreografin Sasha Waltz widersteht in ihrer zweiten Opernregie der Versuchung, dem «Mythos Medea» allzu aktuelle Bezüge zu verleihen.
Das wäre auch schwierig, reduziert doch Pascal Dusapins 1991 entstandene Oper zu Heiner Müllers «Medeamaterial» die Handlung auf elementare Wortbrocken, die Medea in den Raum schleudert. Dusapin illustriert das mit kühlen musikalischen Akzenten von bisweilen spröder Schönheit. Sinnlich ist das selten.
Ein Meisterwerk der Verdichtung, aber als analytischer Modellfall, weniger als individuelle Passionsgeschichte.
Dusapin verstärkt den Effekt noch, indem er Medeas untreuen Ehemann Jason nur als Stimme vom Band kommen lässt. Noch einsamer, noch abstrakter werden Medeas Regungen auf der fast leeren, von acht mächtigen Windmaschinen begrenzten Bühne. Das schafft freilich eine faszinierende Projektionsfläche für das Tanz-Ensemble von Sasha Waltz. Die gewaltigen Bewegungsbilder liefern Stoff zum Fühlen und Reflektieren. Wenn die achtzehn Tänzer als genetische Glieder einer menschlichen Kette über die Bühne rollen, wenn sie sich mit der Wildheit von ...
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