Archaischer Kindertraum
Der Regisseur, sagte die Komponistin vor der Uraufführung, habe ihre «Unzufriedenheit» bemerkt. Sie müsse aber achtgeben, was sie über die Inszenierung sage, denn «ich will keinen Skandal». Er, das ist der 73-jährige Bühnenkünstler Achim Freyer, sie die 45-jährige, aus Korea stammende Komponistin Unsuk Chin, die Lewis Carrolls Kinderbuch für Erwachsene «Alice in Wonderland» zur großen Oper gemacht hat, im Auftrag der Bayerischen Staatsoper und des Generalmusikdirektors Kent Nagano.
Unsicher war sie, was sie von Freyers alptraumhafter Statik einer finsteren Bühne und ihrer marionettenhaft geführten Figuren halten solle. «Alice in Wonderland» ist die erste Bühnenarbeit der in Seoul geborenen Komponistin, die bei György Ligeti in die Schule gegangen ist und seit fast zwei Jahrzehnten in Berlin lebt.
Am Ende, bei Buhrufen und Applaus im Münchner Nationaltheater, schienen alle Mitwirkenden aus purer Erschöpfung zufrieden zu sein mit dem erkämpften, teils zwiespältigen teils brillant gelungenen Ergebnis einer diffizilen Opernnovität. Unsuk Chin hat das Publikum der Münchner Opernfestspiele mit einer Partitur konfrontiert, die zwei Stunden lang hohe Kunstfertigkeit in postmoderner ...
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