Unterwegs ins Ungewisse
In Robert Schumanns «Album für die Jugend» steckt eine verschlüsselte Idee vom «Gesamtkunstwerk», enthält doch die Sammlung von Klavierstücken (also unzweifelhaft Musik) zwei Titel, die auf andere Genres verweisen: «Nachklänge aus dem Theater» evoziert auch durch die Spielanweisung «Etwas agitiert» Sechzehntelkinetik und Fanfarensplitter als Momentaufnahme der Erregung; von Handlung, Schauplatz, Figuren oder Text ist hier nicht die Rede.
Ebenfalls in a-Moll steht «Sheherazade», Urfigur betörender Narration, ruhig fließend, ganz ohne verführerische Orientalismen und potenziell endlos in sich kreisend, fast als Bandschleife zu spielen. Erzählte Handlung und tönende Szene stehen gegen zwei erhabene Begriffe eurozentrischer Kultur: Drama und «absolute» Musik.
Führt jenes zu den altgriechischen Tragikern zurück, so diese auf eine vor allem deutsche Idee seit dem späten 18. Jahrhundert. Beide Traditionen prägten die Kulturgeschichte, wirkten mitunter aber auch lähmend. Dabei hingen sie eng zusammen, nicht zuletzt im Sinne «abendländischer» Rationalität – der Überzeugung, dass auch und gerade in der Kunst planende Ordnung dem Chaos der sinnlichen Wirklichkeit entgegenstünde und das ...
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Opernwelt Jahrbuch 2022
Rubrik: Postdramatisches Theater in der Oper, Seite 142
von Gerhard R. Koch
Wichtige Aufführungen der Saison
Wenn Peter Konwitschny sich in Dortmund den ganzen «Ring» vornimmt, dann scheinen die Zweifel derjenigen, die «zu viel Wagner» in diesen Zeiten ausgemacht haben, wie von Siegfrieds Blasebalg weggepustet. Konwitschny konzentriert sich in seiner meisterhaften Lesart vor allem auf Wotan als einen «Gottvater», der machtvoll drängt – und...
Kirill Semjonowitsch Serebrennikov ist ein Universalist der darstellenden Künste. Er inszeniert in Schauspiel, Ballett und Oper, bei Crossover-Projekten und im Performancebereich und ist dabei oft als sein eigener Bühnen- und Kostümbildner unterwegs, er ist Drehbuchautor und Kinoregisseur, er realisiert Fernsehproduktionen und Musikvideos – und ist zugleich das...
Der Beginn war wenig ermutigend. Die 1870 vollendete, heroische Oper «Alfred» erlebte ihre Uraufführung 1938 in Prag und wurde dann erst wieder 2014, und auch nur konzertant, gegeben. Dabei ist Theodor Körners deutsches Libretto so übel nicht, schon Flotow und Raff hatten es vertont. Auch an melodischer Erfindungsgabe, packenden Szenen und origineller...