Aus Kindersicht

Verdi: Falstaff
BREMEN | THEATER

Opernwelt - Logo

Bevor der erste Ton zu hören ist, hat die Aufführung längst begonnen. Von einem Kameramann beobachtet, ist ein kleines Mädchen zu sehen. Auf einem Steg, den Pia Dederichs und Lena Schmid hinter den ersten Sitzreihen quer durch den Saal gebaut haben, entsteht unter ihren Händen eine Osteria im Mini-Format. Erst als sie fertig ist, kann John Falstaff hineinpoltern in eine Inszenierung, die nach dem Willen des Regisseurs Verdis Meisterwerk vornehmlich aus der Sicht von Kindern zu interpretieren sucht.

Ganz so eindeutig wird das allerdings nicht.

Denn wenn sich der Vorhang endlich hebt und das Halbrund einer Arena zeigt, versammeln sich erst mal alle Akteure auf den Logenreihen, als säßen sie in ihren roten Richterroben über Falstaff zu Gericht. Der weiß sich über den Orchestergraben hinweg jedoch wortgewaltig zu behaupten, und Johannes Schwärsky verkörpert den Ritter von der bauchigen Gestalt über das bloß Baritonale hinaus mit einer Identifikationsbereitschaft, die allein schon den Opernbesuch lohnt. Es ist eine Lust, ihm zuzuhören. Mehr noch: ihm zuzusehen, wenn er seinen Eroberungsfeldzug entwirft. Hätte sein Falstaff den gefälschten Liebesschwur nicht zwei identisch formulierten ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Hartmut Regitz

Weitere Beiträge
Eruptive Erstfassung

Mit den klassischen Formen wie Sinfonie und Sonate oder gar der Oper hatte die Nachkriegs-Avantgarde, die sich seit 1946 alle zwei Jahre bei den Darmstädter Ferienkursen traf, nichts im Sinn. Genau um sie aber rang der grüblerische Solitär Bernd Alois Zimmermann, der sich damit zwischen alle Stühle setzte. Stil war ihm zwar, wie er einmal bekannte, «nicht...

Spielt mir das Lied vom Tod

Es sind mehr als feine Unterschiede: «Il tabarro» spielt in der Gegenwart, «Suor Angelica» im 17., «Gianni Schicchi» im 13. Jahrhundert. Inhaltlich verbindet Puccinis drei Einakter wenig, auch der Begriff «trittico« stammt nicht vom Komponisten, sondern mutmaßlich von seinem Verleger Ricordi. Regisseur Roland Schwab findet in Essen dennoch Verbindendes, zumal den...

Himmel und Hölle

Manchmal gleicht der Anfang schon dem Ende. Alles ist bereits erzählt, erlebt, durchlitten; auch die Musik, in diesem Fall das «Perdono»-Finale von Mozarts «Le nozze di Figaro», scheint, kurz vor Eintreten des Allegro assai, erschöpft zu sein. Aber wer weiß, vielleicht wird dieser Film über einen tolldreisten Tag auf dem Land noch einmal gedreht? Fast möchte man es...