Aus Kindersicht
Bevor der erste Ton zu hören ist, hat die Aufführung längst begonnen. Von einem Kameramann beobachtet, ist ein kleines Mädchen zu sehen. Auf einem Steg, den Pia Dederichs und Lena Schmid hinter den ersten Sitzreihen quer durch den Saal gebaut haben, entsteht unter ihren Händen eine Osteria im Mini-Format. Erst als sie fertig ist, kann John Falstaff hineinpoltern in eine Inszenierung, die nach dem Willen des Regisseurs Verdis Meisterwerk vornehmlich aus der Sicht von Kindern zu interpretieren sucht.
Ganz so eindeutig wird das allerdings nicht.
Denn wenn sich der Vorhang endlich hebt und das Halbrund einer Arena zeigt, versammeln sich erst mal alle Akteure auf den Logenreihen, als säßen sie in ihren roten Richterroben über Falstaff zu Gericht. Der weiß sich über den Orchestergraben hinweg jedoch wortgewaltig zu behaupten, und Johannes Schwärsky verkörpert den Ritter von der bauchigen Gestalt über das bloß Baritonale hinaus mit einer Identifikationsbereitschaft, die allein schon den Opernbesuch lohnt. Es ist eine Lust, ihm zuzuhören. Mehr noch: ihm zuzusehen, wenn er seinen Eroberungsfeldzug entwirft. Hätte sein Falstaff den gefälschten Liebesschwur nicht zwei identisch formulierten ...
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Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Hartmut Regitz
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