Wiegenlieder der Welt
Der «Montag» in Karlheinz Stockhausens siebentägiger Mythenphantasmagorie «Licht» beginnt unter Wasser: Im Foyer des Aufführungsorts werden die Hörer in grünes Licht getaucht, während endlos gedehnte Bassetthornklänge und Wassergeräusche auf sie eindringen. «Grünliche Dämmerung» schreibt auch Richard Wagner für den Unterwasserbeginn seines ebenfalls mythomanen, wenn auch glücklicherweise nur viertägigen «Ring» vor, nachdem die Musik, aus dem uranfänglichen tiefen Es erwachsend, ins Fließen und Strömen geraten ist.
Hat Stockhausen sich etwa bei Wagner bedient, dem er öffentlich so gern seine Verachtung, ja sein Desinteresse aussprach?
Wahrscheinlicher ist, dass einfach beide Komponisten hier auf einen Topos zurückgreifen, der sich in vielen Schöpfungsmythen aus aller Welt findet und zum kollektiven Unbewussten der Menschheit zu gehören scheint: die Geburt der Welt aus dem Wasser – jedenfalls, wenn man dem Musikwissenschaftler und –philosophen Leopoldo Siano folgt. «So wie es kosmogonische Archetypen gibt, existieren auch musikalische Archetypen, die das Schöpfungsereignis beschwören beziehungsweise akustisch inszenieren», lautet die These seines Buchs «Musica Cosmogonica», das ...
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Opernwelt Juli 2021
Rubrik: BUCH des Monats, Seite 39
von Michael Stallknecht
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