Theatertier

Der Mann hat etwas zu erzählen. Über 40 Jahre Bühnenerfahrung, 170 Inszenierungen in Schauspiel und Oper, stets getrieben von dem Ziel, Wesen und Kern des jeweiligen Werkes zu ergründen, häufig überaus triftig. Dietrich W. Hilsdorf gehört unstrittig zu den Großen seines Fachs. Ein Gespräch über Säulenheilige, würzige Sottisen, präzise Stofflektüre und die ungewisse Zukunft des Musiktheaters

Opernwelt - Logo

Herr Hilsdorf, was fällt Ihnen spontan zum Thema Heimat ein?
Ein Gedicht von Joseph von Eichendorff. «Aus der Heimat hinter den Blitzen rot, / Da kommen die Wolken her, / Aber Vater und Mutter sind lange tot, / Es kennt mich dort keiner mehr.» Robert Schumann hat die Verse vertont, im ersten Lied aus seinem Liederkreis op. 39. Das Stück steht in fis-Moll und weist eine hochinteressante Rückung nach G-Dur auf. Es ist eines meiner liebsten Lieder.

Lieben Sie Schumann? Sind Sie gar ein Romantiker?
Nein.

Ich bin Theatraliker, ein Theatermensch, und deswegen ist jemand, der sich im Rhein ersäufen will, zunächst mal «mein Mann». Oder im Fall der Karoline von Günderrode «meine Frau».

Sie hegen aber hoffentlich nicht die gleichen Absichten ...
Keine Angst. Ich habe lediglich vor 20 Jahren meinen Ehering in den Rhein geworfen, von der Mitte der Kennedybrücke in Bonn, dort, wo der Rhein am tiefsten ist ...

... damit die Rheintöchter ihn aufsammeln? Oder gibt es einen tieferen Grund?
Sagen wir es so: Es war ein Akt der Notwehr, und schließlich schaufelt auch Hagen das Gold mitternächtlich in den Rhein.

Drastische Maßnahmen da wie dort. Wie auch Ihr würziger Kommentar zu Ihrer ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2021
Rubrik: Interview, Seite 40
von Jürgen Otten

Weitere Beiträge
Verlorene Paradiese

Das Publikum steuerte dieses Jahr nicht das Theaterhaus, sondern ein Internetportal an. Die Epidemie ließ Eclat, dem Festival Neue Musik Stuttgart, in seinem 41. Jahr keine andere Chance als diese Hybrid-Form. Am Eröffnungsabend ging man ab 19 Uhr live vor leeren Reihen aus dem angestammten und beliebten Festivalort auf Sendung. Grund genug, melancholisch zu...

Anwalt der Randfiguren

In Stendhals «Vie de Rossini» von 1823 steht der Satz «Réfléchir sur les beaux-arts, fait sentir» – Nachdenken über die schönen Künste macht fühlen. Der Gedanke könnte vom Publizisten Uwe Schweikert stammen, von 1971 bis Ende 2003 Lektor des Metzler-Verlags, seit 1992 dort verantwortlich für ein exquisites Musikprogramm, und seit vielen Jahren Mitarbeiter der...

Zurück zu den Wurzeln

Die Sache ist ein bisschen kompliziert, wie meistens, wenn es um die Liebe geht. Auf jeden Fall endet es damit, dass sie sich einen One-Night-Stand sucht und einfach mit irgendwem ins Bett geht. Uff, seufzt da Bryan Benner, Sänger der Erlkings – weil es halt immer irgendwie «the same old story» ist beziehungsweise «eine alte Geschichte», wie es in Robert Schumanns...