Beethoven: Fidelio
Wie schon 1907 zur Einweihung und 1953 zur Nachkriegswiedereröffnung dient Beethovens Hymnus auf die Gattenliebe den Kielern auch diesmal, zur Feier des hundertjährigen Bestehens ihres Opernhauses, als Festoper – obwohl die finale Utopie des Werks für Dominik Neuner, wie er das Publikum mit einem in Sekt- und Partylaune endenden Schlussbild unmissverständlich wissen lässt, nur noch als Anlass für ein oberflächliches gesellschaftliches Event zu taugen scheint.
Abgesehen von dieser Szene gelingen dem Regisseur innerhalb seiner insgesamt gemäßigt traditionellen Inszenierung nachdenkenswerte Akzente, vor allem durch die Aufwertung der Figur der Marzelline. Sie wird mit ihrer privaten Tragödie, mit ihrer gefühlsverwirrten Verzweiflung (Susan Gouthro weiß das ebenso anrührend zu singen wie variantenreich zu spielen) zum eigentlichen Mittelpunkt der Handlung, während andere Aspekte des Stückes, etwa eine auf der Kontrastierung von Pizarro und Leonore aufbauende politische Sichtweise, eher in den Hintergrund treten.
Was nicht zuletzt auch an den beiden Darstellern liegt. Jooil Choi zieht das Klischee des brutalen Oberbösewichts ab und röhrt sich durch die Partie mit undisziplinierter ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Zwar ist die elektromagnetische Aufzeichnung der schärfste Feind nostalgischer Verklärung. Doch gelegentlich vermag sie die Erinnerung auch zu bestätigen. Etwa im Fall der Live-Aufnahme von Webers «Freischütz» vor 35 Jahren an der Wiener Staatsoper. Der 28. Mai 1972 war einer jener Abende, von denen man seinen Enkelkindern berichten möchte. Erstmals stand Webers...
Der neue Leiter des Edinburgh Festivals, Jonathan Mills, hat in seiner ersten Saison prägnante Akzente gesetzt. Neben der Einführung des Schwerpunkts Alte Musik (der neue Zuhörer ins spätsommerliche Schottland lockte), verfolgte der Australier eine zentrale Programmschiene zum Thema «Vierhundert Jahre Oper». Sie begann mit einer klassizistischen Deutung von...
Das Kunstlied hat es schwer im heutigen Konzertbusiness: eine kleine, intime, garantiert eventfreie Form, die feine Ohren und Seelenverständnis auf beiden Seiten des Podiums voraussetzt. Die Komplexität des Liedes erschließt sich Hörern wie Künstlern erst mit beharrlicher Anstrengung. Nichts ist einfach, und doch soll alles natürlich wirken. Und: Manche Stimme,...