Spiegel der Gegenwart
Sie war überfällig, diese russische Erstaufführung. Schon wegen des Stoffs, den Peter Eötvös für seine erste große, 1998 in Lyon aus der Taufe gehobene Oper wählte: Tschechows Drama «Drei Schwestern». Und weil die bleierne Atmosphäre, die den Figuren in dem bald 120 Jahre alten Stück die Luft abschnürt, auch heute, unter veränderten Vorzeichen, auf dem Land lastet.
War es ein ironischer Winkelzug der Geschichte, dass die geschwätzige Mai-Feier zu Irinas Namenstag – bei Tschechow der erste Akt, bei Eötvös die dritte «Sequenz» – in aktuellen Ereignissen am Ort des Geschehens widerzuhallen schien? Ist der seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 9. Mai als paradenseliges Staatsfest inszenierte «Tag des Sieges» nicht längst zu einer Machtkulisse für das Militär verkommen? Zu einer hohlen Show aus genuinem Stolz, gesteuerter Begeisterung und nationalem Wahn? Bricht sich in den Protesten, die Mitte Mai in Jekaterinburg gegen den von Sicherheitskräften abgeschirmten x-ten Neubau einer orthodoxen Kirche aufflackern, der Frust über eine die Freiheit des Geistes und der Künste immer stärker einengende Entwicklung Bahn?
Natürlich liefern der ungarische Komponist, der slowakische Dirigent ...
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Opernwelt Juli 2019
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Aya Makarova
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JUBILARE
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