Kammerspiel

Jarrell: Bérénice
Paris | Palais Garnier

Opernwelt - Logo

Seit seinem Amtsantritt als Intendant der Opéra national de Paris hat es sich Stéphane Lissner zum Ziel gesetzt, neue Musiktheaterwerke in Auftrag zu geben, die auf Klassikern der französichen Literatur gründen. 2017 war Balzac mit Luca Francesconis «Trompe-la-mort» an der Reihe, für 2021 ist Claudels «Le Soulier de satin» annonciert, vertont von Kaija Saariaho. Zu Beginn dieser Spielzeit wurde Racines «Bérénice» programmiert; der Schweizer Komponist Michael Jarrell machte daraus eine anderthalbstündige Oper. Ein gewagtes Unterfangen.

Einmal ist der betörend schöne Racine-Text über eine unmögliche Liebe letztlich eine Tragödie ohne Handlung, alles beruht auf der psychologischen Gegenüberstellung der beiden Hauptfiguren, der jüdischen Königin Bérénice und des römischen Kaisers Titus. Andererseits wirkt der französische Alexandriner mit seinen zwölf Silben an sich schon musikalisch prägend. Jarrell mag einer der kompetentesten Tonsetzer unserer Zeit sein – diese hohen Hürden vermochte er nicht zu überspringen.

Eine Oper, die nur aus Dialogen besteht, kann schwerlich echte dramatische Spannung entfalten – ein Gesetz, dass sich im Palais Garnier wieder einmal bewahrheitete. Man wurde ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt November 2018
Rubrik: Panorama, Seite 54
von Christian Merlin

Weitere Beiträge
Ungereimt

Traurige Rheintöchter. Seit 1864, dem Jahr ihrer Geburt (im Wiener Kärtnertortheater war’s, unter dem leicht irreführenden Titel «Die Rheinnixen») sitzen sie auf ihrem Loreley-Felsen und warten darauf, dass man sie auf Frankreichs Bühnen bittet. Bislang vergebens. Gut möglich, dass jene Kräfte, die ihren Schöpfer Jacques Offenbach nicht als «französischen»...

Apropos... Herzensbildung

Als Sie aus Ihrem Stammhaus ausziehen mussten, haben Sie rund 40 Prozent des Publikums verloren. Sind die alle wieder da?
Sogar mehr als vorher! Die Auslastung der letzten Spielzeit lag bei 96 Prozent. Heutzutage darf man ja froh sein, wenn die Abo-Zahlen nicht sinken. Wir haben im Vergleich zum Vorjahr jedoch eine Steigerung von sechs Prozent. Und das, obwohl wir...

Arbeitssieg

Glücklich das Haus, das ein solches Stück mit eigenen Kräften besetzen kann; unglücklich jedoch, wenn es ein Regieteam engagiert, das diesen Kräften durchweg misstraut. Pantomimische und tänzerische Duplikate sind mittlerweile fast schon zur Regel geworden, auch haben wir uns längst an Simultanhandlungen auf der Leinwand gewöhnt, die entweder das Bühnengeschehen...