Vorhof der Sprache
Selbst schuld, wer im Parkett sitzt. Man wird zwar gesehen, sieht aber keineswegs optimal, speziell bei dieser Monteverdi-Produktion im Haus für Mozart. Denn die «Szenen wie in der Sixtinischen Kapelle», von denen Jan Lauwers in Zusammenhang mit seiner Sicht auf «L’incoronazione di Poppea» sprach, erschließen sich fast ausschließlich den Zuschauern im Rang: Leiber über Leiber auf dem Bodentuch, verfertigt in der Art Michelangelos und seiner Zeitgenossen. Im Zentrum ein kleines kreisrundes Podest, auf dem sich den ganzen Abend lang Tänzer drehen wie Brummkreisel.
Einander abwechselnd, solistisch, solipsistisch, autistisch. Aber – um dieses modische Unwort mal zu gebrauchen – nachhaltig. Und immer im Uhrzeigersinn. Als Repräsentanten der Realzeit sozusagen, die fiktive Bühnenzeit konterkarierend. Aber auch als Symbol für die Unerbittlickeit des Geschehens.
Rechtsdrehend also. Dass dahinter eventuell der Kalauer stecken könnte, Politik bewege sich im Kreise – und im Moment auch deutlich rechts herum –, möchte man Lauwers, dem Universalbühnenmenschen mit Tanztheaterschwerpunkt, nicht unterstellen. Auch wenn er in einer Pressekonferenz forderte, Kunst müsse eine Antwort geben auf ...
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Opernwelt November 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Gerhard Persché
Sie meinen es wirklich ernst in Halle mit dem Versuch, sowohl dem Publikum als auch den Künstlern die Wahrnehmungs- und Erfahrungsgewohnheiten der Oper radikal zu öffnen. Nach «Heterotopia» in der Spielzeit 2016/17 hat Sebastian Hannak erneut eine Raumbühne ins gediegen-prächtige Opernhaus gewuchtet, die die Grenzen von Zuschauerraum und Bühne aufhebt. «Babylon»...
Vielleicht ist der Zusammenhang zufällig. Aber der Auftrieb der nationalistischen Kräfte in Deutschland und ihre Versuche, die Geschichte des Rassismus nach ihrer Ideologie zu «korrigieren, scheint die Theater zu deutlichen Stellungnahmen zu animieren. Dazu gehört die Konjunktur von Viktor Ullmanns Kammeroper «Der Kaiser von Atlantis», die im Konzentrationslager...
Der Kollege gab sich ziemlich ernüchtert. Die alte Fassung besitze doch eine «eigenartige, wilde Schönheit», urteilte Hans Werner Henze. An der neuen beklagte er die «Rückkehr zur Tonalität», weshalb der Urversion von Paul Hindemiths «Marienleben» aus dem Jahre 1923 unbedingt der Vorzug zu geben sei. Auch als Signal: Die junge Tonschöpfer-Generation habe...