Zwischen den Zeiten
Dass die Musikgeschichte nicht linear verläuft, anders als mancher deutsche Musikideologe uns bis zum Anbruch der Postmoderne weismachen wollte, war für Operngänger während der 1920er-Jahre allabendliche Erfahrung.
Neben Strauss, Puccini, Schreker, Korngold und Berg blühte mit einem Mal diametral die Zeitoper: pointierte, freche, meist kurze Bühnenwerke, die oft den Puls der (politischen) Gegenwart maßen wie Ernst Křeneks Halbstünder «Der Diktator», mal sich den Ton liehen von Jazz, Revue, Film oder Operette, wie Viktor Ullmanns Reader’s-Digest-Fassung von Kleists Lustspiel «Der zerbrochene Krug» – ein Kuriosum allein durch die 40 Minuten Spieldauer, von der noch die sechseinhalbminütige Ouvertüre abgeht!
Beide Werke kombinierte eine Produktion der Bayerischen Staatsoper im Münchner Cuvilliés-Theater, getragen von Mitgliedern des Opernstudios, inszeniert von jungen Spielleitern des Hauses. Musiksprachlich schillert Ullmanns Stück wie ein Regenbogen. Wild in Quarten auffahrend eröffnet ein an Schönbergs Kammersymphonie op. 9 erinnerndes Signal der Trompete die Ouvertüre, worauf es neoklassisch tänzelt und in üppig rauschendem romantischen Gestus singt – all diese tönenden ...
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Opernwelt Juni 2018
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Götz Thieme
Die Tenor-Partien seiner 29 Opern hat Giuseppe Verdi für 21 Sänger geschrieben. Sein erster Favorit war Gaetano Fraschini, vom Typus her wohl ein lirico-spinto, ähnlich wie Raffaele Mirate, der erste Manrico. Für Alvaro fand er in Enrico Tamberlik einen echten spinto, während er aus der Partie des Don Carlos eine Arie streichen musste, um Jean Morère seine Aufgabe...
Vielleicht lag es an der Komplexität der Partitur, vielleicht am Zeitpunkt der Pariser Uraufführung 1936, wenige Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg. Vielleicht lag es aber daran, dass Georges Enescu nicht die Bedeutung zukam, die er als Komponist verdient hätte. «Oedipe» jedenfalls, seine einzige Oper, schaffte es nie in den Kanon. In Deutschland wurde das Werk erst...
Seit über 100 Jahren bilden Leoncavallos «Pagliacci» und Mascagnis «Cavalleria rusticana« auf der Opernbühne eine Schicksalsgemeinschaft, so selbstverständlich, dass selten mal jemand darüber nachdenkt, ob das überhaupt stimmig ist. Leipzigs Chefdramaturg Christian Geltinger tat es nun – und kam zu dem überraschend naheliegenden Schluss, dass sich beide Stücke...