Fokussiert
Über manches darf man sich bei dieser «Carmen» im Stadttheater Bern wundern. Über die Herren im Anzug zum Beispiel, die im ersten Rang dreist auf der Treppe ganz am Rand Platz nehmen. Nun, es sind Choristen, die aus dem Zuschauerraum heraus agieren. So wie José, der als artiger Premierenbesucher vorn im Parkett sitzt und sich – nachdem ihm Carmen nicht eine Blume, sondern einen ihrer roten Handschuhe zugeworfen hat – durch die Zuschauer zwängen muss, um auf der Bühne und dem um den Graben laufenden Steg seine Pflicht zu tun.
Das hat mit dem Konzept von Stephan Märki zu tun, dem Hausherrn, der für diesen Abend in die Rolle des Regisseurs geschlüpft ist – eines fantasievollen, witzig verspielten Regisseurs. Carmen ist hier nicht die zur Theaterfigur gewordene Männerprojektion, nicht der Inbegriff gefährlicher, wenn auch angenehm auf Distanz gehaltener Erotik – Carmen ist mitten unter uns.
Darum wird die Bühne in der Ausstattung des Berliner Künstlers Philipp Fürhofer zu drei Seiten von raumhohen Spiegelwänden eingefasst. Wenn die Ouvertüre erklingt – Mario Venzago zeigt mit dem klangschön wie rhythmisch präzis spielenden Berner Symphonieorchester schon hier ganz klar, in welch ...
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Opernwelt Juni 2018
Rubrik: Panorama, Seite 34
von Peter Hagmann
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