Seelenschau statt Staatsaktion

Nahverwandter von Tschaikowskys Onegin: Anton Rubinsteins «Dämon» am Gran Teatre del Liceu in Barcelona

Es ist das alte Spiel: «Hab mich ein bisschen lieb, dann wird aus mir doch noch ein anständiger Kerl», sagt er zu ihr. «Dafür hole ich dir die Sterne vom Himmel und lege dir die Welt zu Füßen.» Sie spürt eigentlich, dass es ihm nur um sich geht, erliegt aber schließlich doch seiner dunklen Faszination. Nur: Wir sind in der Oper, weshalb sie am Ende stirbt und von Engeln in den Himmel getragen wird. Während er in der Hölle bleibt, aus der er kommt.

«Der Dämon» heißt das Opus von Anton Rubinstein, das nach der Uraufführung 1875 am Petersburger Mariinsky Theater lange zu den beliebtesten Bühnenwerken in Russland wie im Westen gehörte, wo Rubinstein nicht nur als Klaviervirtuose bekannt war, sondern auch einige deutschsprachige Opern komponiert hatte. In Westeuropa zeigten zuletzt die Bregenzer Festspiele den russischsprachigen «Dämon» (1997); für eine erneute Serie haben sich nun das Gran Teatre del Liceu in Barcelona, die Opéra National de Bordeaux und das Staatstheater Nürnberg mit der Moskauer Helikon-Oper zusammengetan, deren Gründer und Leiter Dmitri Bertman Regie führte. Den Stoff entnahm Rubinstein einer gleichnamigen Erzählung Mikhail Lermontovs, die sich ganz auf den Spuren ...

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Opernwelt Juni 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Michael Stallknecht

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