Das kalte, heiße Herz
In der entscheidenden Szene schweigt das Orchester. Die Pariser Abendgesellschaft auf der Bühne wird von einem Pianisten unterhalten, der sich als Nachfolger Chopins versteht und in der Tat etwas Nocturne-artiges auf die Tasten zaubert – langsam, elegisch in H-Dur beginnend, dann vollgriffig virtuos ausholend. Wie sich später herausstellt, soll er ein Spion sein, der Informationen über die Hausherrin sammelt, eine illustre russische Gräfin.
Die wiederum spioniert während des Nocturnes einen Grafen aus, der vermutlich in den Mord am Sohn des russischen Polizeichefs verwickelt ist und seinerseits ein Spion sein könnte. Ihn will die Gräfin dem Geheimdienst ausliefern – tot oder lebendig. Dazu macht sie ihm schöne Augen und hat den Ball organisiert. Dumm nur, dass nicht nur er sich in sie, sondern auch sie sich in ihn verliebt. Für den Agententhriller bedeutet das eine scharfe Wende, für die Oper ist hingegen endlich alles im Lot: Sopran und Tenor können zu einem Duett anheben. Das Orchester meldet sich zurück.
Die Sache mit dem Nocturne ist mehr als Bühnenmusik: ein ziemlich genialer Kniff des Komponisten Umberto Giordano, der seine «Fedora» bei der Uraufführung 1898 ...
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