Armer Schubert
Werktreue. Meist kursiert das Wort als Kampfbegriff. Wer es im Schilde führt, spielt sich gern als Retter auf. Des Wahren, Schönen und Guten. Der hohen Kunst und des reinen, einzigen Schöpferwillens. Der alten Theatertugenden. Wie stumpfes, schmutziges Glas sollen sie an diesem Panzer zerschellen, die Zumutungen, Bilder, Fragen der Gegenwart. Heute war gestern.
So predigen Missionare, die aus Ehrfurcht vor Letter, Punkt und Komma den Blick für den vitalen, wandelbaren, nie einzuhegenden Sinn des Werks verlieren.
Die Sehnsucht nach Wiedereinsetzung eines – vermeintlich mutwillig beschädigten – Erhabenen ist freilich ein schlechter Ratgeber, das zeigt die Erfahrung. Das Streben nach verlorener Größe kocht die verehrte Sache meist auf geistiges Postkartenformat ein. Blinde Einfalt, hehre Blöße.
Das musste vergangenes Jahr auch Schubert erleben, als der einst große Theatermann Peter Stein in Salzburg den vielgescholtenen «Fierrabras» zu rehabilitieren suchte. Mit Burghöfen und Felsenkulisse, mit Haremsdamen in Orientprospekten, mit «weißen» Christenmenschen und «finsteren» Muselmanen. Zum glücklichen Ende prangt ein rotes Herz über den im Namen des Kreuzes versöhnten Antagonisten. Alles ...
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Opernwelt September/Oktober 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 44
von Albrecht Thiemann
Die Caracalla-Thermen in Rom haben schon einiges erlebt. Ihr Erbauer Kaiser Caracalla – er regierte im dritten Jahrhundert und hieß eigentlich Lucius Septimius Bassianus – ging als Terrorregent in die Geschichte ein. Im sechsten Jahrhundert zerstörten die Goten die Wasserzufuhr und machten dem Badebetrieb ein Ende. Renaissance-Päpste brachen die Marmorverkleidung...
Impressum
56. Jahrgang, Nr 9/10
Opernwelt wird herausgegeben von
Der Theaterverlag – Friedrich Berlin
ISSN 0030-3690
Best.-Nr. 752282
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Redaktionsschluss dieser Ausgabe
war der 14.08.2015
Redaktion
Wiebke Roloff
Albrecht Thiemann (V. i. S....
Seit seiner Gründung hat das Santa Fe Opera Festival in der Wüste New Mexicos immer wieder amerikanische Erst- und Uraufführungen auf die Bühne gebracht. Dieses Jahr stand Jennifer Higdons «Cold Mountain» – nach Charles Fraziers 1997 erschienenem Epos – auf dem Programm. Nicht das einzige Bürgerkriegsstück in dieser Spielzeit: Vor 150 Jahren ging der...