So weit, so fremd, so nah
Wenn heute jemand eine Neuaufnahme von Schuberts «Winterreise» wagt, sollte er gute Gründe haben. Handelt es sich doch um den wahrscheinlich meisteingespielten Liedzyklus; eine neue Aufnahme wirkt schnell so überflüssig wie ein Kropf, wenn sie nicht Ausnahmerang gewinnt. Der Tenor Daniel Behle wagt gar zwei Einspielungen in einem Album – und hat überzeugende Gründe dafür. Wobei man bei seiner «Version mit Klaviertrio» an Hans Zenders «Winterreise»-Palimpsest denken mag.
Zender nannte es eine «komponierte Interpretation», veränderte freilich den musikalischen Habitus des Zyklus, schrieb quasi einen strukturellen Kommentar und breitete den Klangteppich eines Kammerorchesters darüber.
Auch Daniel Behle hat dieses Palimpsest gesungen. Doch in seiner nun bei Sony erschienenen Bearbeitung für Gesang und Klaviertrio geht der Tenor (der auch Komposition studierte) andere Wege als Zender. Er zielt auf punktuelle Interventionen und eine interessante Rollenverteilung: Das Klavier bleibt grosso modo Mit-Erzähler, Violine und Cello weiten den Klangraum und unterstreichen gleichzeitig Motivverbindungen wie mit einem Marker, stellen die strukturelle Vernetzung des Zyklus dar. Außerdem lesen sie ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Februar 2015
Rubrik: CD des Monats, Seite 23
von Gerhard Persché
Die stärkste Szene spielt vorn an der Rampe. Eine schwarze Schwanenfrau trippelt da auf Spitze. Vor einem goldglänzenden Vorhang. Versucht verzweifelt abzuheben. Spreizt die Flügelarme, windet sich, kreiselt um die eigene Achse. Klack macht es, klack, klack, klack. Immer schneller, immer lauter. Der Atem wird schwer. Bis die Luft ausgeht. Bis der Schwan in sich...
Das Geschäftsmodell hat damals gar nicht schlecht funktioniert. Komponist und Librettist konzipierten eine Huldigungsoper, bezahlen musste sie der Adressat beziehungsweise der diplomatische Vertreter, der gerade in Hamburg ansässig war. Auf diese Weise kam auch 1702 am Gänsemarkt Reinhard Keisers «Sieg der fruchtbaren Pomona» zur Uraufführung. Man feierte den 31....
Das Plakat – roter Schriftzug auf knallblauem Grund: «gaertnerplatztheater.de» – könnte auch ein riesiges Trostpflaster sein. Es scheint an den dreifach gestapelten Containern zu kleben und lenkt ab noch von manch anderem: vom Riesengerüstgitter, vom Kranballett und von der Grube hinterm Haus. Wer in diesen Wochen an der Baustelle vorbeikommt, dem fällt der...