Schattenspiele
Alle Welt reißt sich um Richard Wagner und Giuseppe Verdi, während der dritte Jubilar, Benjamin Britten, nach wie vor um Anerkennung kämpft, vor allem außerhalb Großbritanniens. Lange galt er den Konservativen als zu radikal, den Radikalen als zu
konservativ, und noch immer hält ihn mancher Kritiker für zweitrangig. Doch Britten ging einfach seinen eigenen Weg. Er beherrschte und benutzte die avancierten Techniken seiner Zeit, erhob sie aber nicht zum Programm.
Seine Tonsprache ist persönlich, unverwechselbar, sirenenhaft: ein helles Schimmern an der Oberfläche, die verführerischen Abgründe darunter. Er ist bis heute die Stimme der Insel.
Drüben überm Ärmelkanal sei alles anders. Die Autos fahren links, zum Frühstück gebe es Würstchen, gebackene Bohnen und geräucherten Fisch. Die Kinder sagen «bitte» und «danke». Und im Jubiläumsjahr von Richard Wagner und Giuseppe Verdi feiere man Benjamin Britten. So ätzte vor einiger Zeit das Feuilleton einer Wiener Gazette. Wobei es sich einen süffisanten Hinweis auf den auf der Insel gern gebrauchten Kalauer vom «Great Britten» nicht verkneifen konnte.
Noch immer scheint diesem Komponisten das Stigma des Regressiven anzuhängen wie ...
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Opernwelt Jahrbuch 2013
Rubrik: Britten 100, Seite 76
von Gerhard Persché
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