Das Entscheidende steht nicht in den Noten
Herr Thielemann, der Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus hat sinngemäß einmal gesagt, ein Dirigent sei halb Feldherr, halb Zauberer. Wie sehen Sie sich selbst?
Das mit dem Zauberer gefällt mir. Ein Zauberer muss ja auch auf Menschen einwirken. Manchmal mit Tricks (lacht), vor allem aber mit Handwerk und Hintergrund. Wie man die Fäden zieht, hängt von den Mitspielern ab. Wenn man sich gut versteht, läuft alles wie von selbst. Es gibt aber immer wieder menschlich interessante Situationen, in denen man klare Ansagen machen muss.
Und dann geben Sie den Feldherrn...
Früher war das wohl manchmal so. Wenn man jung ist, trifft man nicht immer den richtigen Ton. Man will alles, ist ungeduldig und vergisst, dass man sich in jedem Orchester das Vertrauen der Musiker erst mal erarbeiten muss. Da kann viel schieflaufen. Aber aus Fehlern lernt man ja. Ich habe einiges Lehrgeld bezahlt. Mit der Erfahrung kommt langsam die Entspannung.
Ohne Autorität geht es aber nun mal nicht, wenn Sie achtzig, hundert Individualisten auf Linie bringen müssen...
Im ganzen Leben geht es nicht ohne Autorität. Das gilt nicht nur für Dirigenten. Ein Dirigent muss aber vor allem gut zuhören, gut begleiten können. Er muss ...
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Opernwelt August 2012
Rubrik: Interview I, Seite 18
von Albrecht Thiemann
Antonín Dvorák durchlebte in seinen drei überaus erfolgreichen und fruchtbaren Jahren in Amerika auch eine Phase der Depression, die auf finanzielle Sorgen (infolge einer Wirtschaftskrise blieben seine Honorare aus) und Todesfälle im Freundes- und Familienkreis zurückzuführen war. Hinzu kamen Anfälle von Heimweh. Dies alles veranlasste den gläubigen Komponisten,...
Michael Grandage, sonst eher mit Schiller-Tragödien als mit Stoffen der Gesellschaftskomödie zu größerer Bekanntheit gelangt, wirft mit seiner «Figaro»-Inszenierung eine Reihe von Fragen nach sozialem Status und Klassenzugehörigkeit auf. Die Produktion spielt in einem stilvoll-historischen Grandhotel im heutigen Andalusien, wo die Almavivas offenbar übers...
Bevor die Aufführung beginnt, liest der Besucher auf einer Schriftwand, dass sich das folgende Geschehen einige Jahre nach den in «Il trovatore» geschilderten Ereignissen begibt. Wie viele Jahre? Es müssen wohl 350 oder 400 vergangen sein, wenn ein Mann in Grau (Luna) das Foyer eines großräumigen Hauses mit mürb-roten Wänden betritt und von der Gastgeberin, einer...