Kostümschau
Am rechten Bühnenrand macht sich’s ein Tenor gemütlich. Schraubt die Thermoskanne auf, trinkt mit der Kollegin Tee, stört sich nicht am Filmteam, das im kalten Arbeitslicht seine Gerätschaften aufbaut. Und erst recht nicht an Dirigent Kent Nagano, der, bereits befrackt, zur letzten Besprechung auf die Bühne eilt. Maurice Ravels «L’Enfant et les sortilèges» als Set-Besuch, so dass wir teilhaben können am Werden dieses Märchenwunderwerks, das könnte als Idee schon einleuchten.
Doch der polnische Regisseur Grzegorz Jarzyna belässt es an der Bayerischen Staatsoper bei der bloßen Behauptung. Die Filmchiffre wird nicht weitergeführt, viel schlimmer: Der bezaubernde Vierzigminüter ertrinkt im Ausstattungsstrudel. Dabei hätte dieser Doppelabend beste Voraussetzungen geboten. Denn Ravels Einakter und Alexander Zemlinksys «Der Zwerg» sind tatsächlich enger verwandt, als es die Spielplan-Gestalter bislang wahrhaben wollten. Hier der böse Bub, der Tiere quält und doch einsichtig wird. Und dort ein Buckliger, der sich in eine mit ihm spielende Prinzessin verliebt, um schließlich an der Realität seiner Existenz zugrunde zu gehen. Geschichten über Reifeprozesse sind das, über Selbstbewusstwerden ...
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Opernwelt April 2011
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Markus Thiel
Dieser Platz trägt seinen Namen zu Recht: Stille herrscht auf dem Friedensplatz vor dem Anhaltischen Theater. Die gleiche Stille, die inzwischen in so vielen ostdeutschen Klein- und Mittelstädten zur Regel geworden ist. Auch Dessau ist zu groß für diejenigen, die geblieben und nicht nach Bayern oder Baden-Württemberg abgewandert sind. Abends belebt sich der Platz,...
Rückblende: Als Kirsten Harms im Oktober 2006 an der Deutschen Oper Berlin Alberto Franchettis 1902 uraufgeführte und nach einigen Jahren vergessene Revolutionsoper «Germania» wieder auf die Bühne brachte, fiel das kritische Urteil in der Tagespresse vernichtend aus. Zu den wenigen Stimmen, die damals widersprachen, gehörte diese Zeitschrift (siehe OW 12/2006) –...
«Man kann sich selbst nicht sehen…, Geschichten gibt es nur von außen…, daher unsere Gier nach Geschichten!» – Sätze aus Max Frischs Roman «Mein Name sei Gantenbein», die der Regisseur Lorenzo Fioroni ins Programmheft seiner Osnabrücker Inszenierung von Jacques Offenbachs fantastischer Oper «Les Contes d’Hoffmann» setzen ließ (Premiere am 15. Januar 2011). Was dort...