Zuletzt die Queen

Weill: Die Dreigroschenoper Wien / Theater an der Wien

Opernwelt - Logo

Die aktuellste Pointe des Stücks kommt am Schluss. Gangsterboss Macheath, genannt Macky Messer, zündet damit beinahe einen virtuellen Sprengsatz: «Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?» Fast 88 Jahre nach der Uraufführung der «Dreigroschenoper» trifft die Behauptung der Herren Brecht und Weill, ein Bankraub sei ein Fingerschnippen gegen die Methoden der Banken, wohl mehr als je zuvor au cœur.

In der Aufführung im Theater an der Wien geht der Satz freilich beinahe unter. Nicht nur, weil Tobias Moretti als Macheath ihn bewusst nicht pointiert.

Sondern auch, weil Regisseur Keith Warner das Stück nicht mit Brechtgardine präsentiert, sondern mit den Mitteln des Musical Theatre erzählt. Man könnte darauf verweisen, dass dies durchaus im Sinne Kurt Weills sei. «Ich schreibe für heute; die Nachwelt ist mir völlig wurscht», bekannte dieser, als er seine Stücke am Broadway platzieren wollte. Damals nahm man ihm in der Alten Welt, in der E und U noch strikt getrennt wurden, übel, dass er sich dem kommerziellen Theater an die Brust warf und auch den Erfolg des Moments, nicht jenen als Zeitgenosse der Zukunft suchte. Doch war dies kein Resultat kapitalistischer ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2016
Rubrik: Panorama, Seite 56
von Gerhard Persché

Weitere Beiträge
Heiter scheitern

Nicht das eher tragische als komische Scheitern reicher, aber ein bisschen bekloppter Sangesdilettantinnen (Sujet zweier aktueller Kinofilme) ist das Thema dieser Ausgrabung, sondern die ehrgeizige und fiebrige Sphäre der Casting-Shows: Vorwiegend weibliche Ruhmsüchtige wanzen sich an vorwiegend männliche Prüfungsorgane heran, um die Karriere anzuschieben. Es darf...

Vorwärts in die Vergangenheit

Die erste Tosca der New York City Opera war ein echter Star: Als die Company 1944 mit Puccinis vor 116 Jahren in Rom uraufgeführtem Bestseller ihre erste Produktion zeigte, sang Dusolina Giannini die Titelpartie. Als people’s opera konzipiert, pflegte man in den folgenden Jahrzehnten freilich vor allem ein Repertoire, das die Metropolitan Opera nicht auf dem Schirm...

Der Glanz von dunklem Silber

Wenn man ihn des Diebstahls geistigen Eigentums bezichtigte, pflegte Händel sarkastisch zu reagieren: «Diese Dummköpfe», soll er gepoltert haben, «wissen doch gar nichts mit einer guten Idee anzufangen.» Oft lag er damit richtig. Doch Alessandro Scarlatti, dem er nicht nur eine Vielzahl an melodischen Einfällen, sondern auch Vorbilder für die prägnante Gestaltung...