Wimmelbilder
Lassen wir Jonas Kaufmann einfach mal in Ruhe. Der Mann steckt wahrscheinlich gerade in der heikelsten Phase seiner Laufbahn. Mehrere Monate musste er wegen eines Hämatoms auf den Stimmbändern pausieren. Bekanntlich sind Monate, in denen Sänger nicht auftreten dürfen, viel anstrengender als solche, in denen sie gut zu tun haben. Zur nervlichen Belastung und einem geradezu hysterisch angeheizten Erwartungsdruck kommt die Härte des Marktes. Jonas Kaufmann muss jetzt, wo er wieder da ist, sofort Partien abliefern wie Lohengrin und Andrea Chénier, beides kaum Entspannungsübungen.
Am Ende der Saison droht sogar der Otello an Covent Garden – ein Rollendebüt, ebenfalls hysterisch erwartet. In einem kleinen Ensembletheater hätten sich Intendant und Tenor auf einen moderaten Wiedereinstieg verständigen können. Erst mal eine mittlere Partie, ein Mozart vielleicht sogar, zumindest eine «Tosca». Für Stars gelten andere Regeln. Alles muss weitergehen – als sei nichts geschehen.
Bei der Münchner Premiere von «Andrea Chénier» sang Jonas Kaufmann im ersten und zweiten Bild immer wieder zurückhaltend und vorsichtig, fast möchte man sagen: instinktiv richtig. Zur historischen Figur des tragischen, ...
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Opernwelt Mai 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Stephan Mösch
Der knapp zwei Jahrzehnte ältere «Palestrina» von Hans Pfitzner inkorporiert eigentlich eher die Grünewald’sche Flügelaltar-Gestalt. Aber eine deutliche Zeitspanne nach dem Ersten Weltkrieg war ein symmetrisch gebauter Dreiakter auch als Wagner-Reminiszenz obsolet. Hindemiths «Mathis der Maler» ähnelt also mehr dem offeneren dokumentarischen Stil von Mussorgskys...
Er glaube nicht, so bemerkte Hans Zender in einem Gespräch über Aufführungspraxis und Interpretationsgeschichte, «dass ein Interpret danach streben muss, das Original zu rekonstruieren». Vielmehr müsse sich seine Tätigkeit darauf richten, «etwas neu entstehen zu lassen». Anlass für diese (scheinbar radikale) Absage an den seit Beethoven und Wagner kodifizierten...
Der Bogen spannt sich von «Nabucco» zu «La Damnation de Faust». Mit einer Verdi-Premiere hatte die zehnjährige Amtszeit des Bremer GMD Markus Poschner im Oktober 2007 begonnen, jetzt endet sie mit einer musikalisch gelungenen Präsentation der Berlioz’schen Goethe-Adaption. Ein symbolträchtiger Weg, der auch die stetige Weiterentwicklung der Bremer Philharmoniker zu...