Wie’s im Buche steht
«Es gibt Schriftsteller, die schon in zwanzig Seiten ausdrücken können, wozu ich manchmal sogar zwei Zeilen brauche», ätzte Karl Kraus. Jeder Schreibende mag sich bei dieser Attacke zunächst an die eigene Nase fassen. Doch nirgendwo passt sie treffender als auf die Autobiografien prominenter Mitbürger, wo Geschwätzigkeit oft als klug-charmante Plauderei verkauft wird. Wiens Staatsoperndirektoren haben dafür aktuelle Beispiele vorgelegt. Das Buch Dominique Meyers basiert auf Gesprächsaufzeichnungen durch die Journalistin Michaela Schlögl.
Es trägt keinen drohend programmatischen Titel wie das seines Vorgängers Ioan Holender (der verkündete: «Ich bin noch nicht fertig», siehe OW Jahrbuch 2011). Es nennt einfach Fakten: «Dominique Meyer – Szenenwechsel Wiener Staatsoper».
Zwischen den Buchdeckeln geizt der Direktor nicht mit subjektiven Meinungen. Beispielsweise auf den Seiten 216 f., wo er zugibt, «mit dem sogenannten ‹deutschen Regiethater› manchmal meine Schwierigkeiten» zu haben. Arg verkürzt identifiziert er dieses mit Regisseuren, die «bestenfalls mit einer oberflächlichen Vorstellung des Stückes» an ihre Arbeit herangingen. «Sie treten arrogant auf, weil sie vielleicht drei ...
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Opernwelt April 2011
Rubrik: Magazin, Seite 64
von Gerhard Persché
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Die «Erzähl»-Oper, hieß es da, sei ein Auslaufmodell, eine Sackgasse. Viele dachten damals, «The Silver Tassie» nach Sean O’Casey sei die letzte Turnage-Oper. Jetzt haben Sie es doch wieder gemacht...
Das ist schon...
Der Höhepunkt kam zum Schluss. So transparent, wie die Staatskapelle Halle unter Karl-Heinz Steffens die Variationen aus Alban Bergs «Lulu-Suite» musizierte, fiel einem unwillkürlich Anton Weberns Diktum ein, in 50 Jahren würde jeder Postbote die Musik der Schönberg-Schule pfeifen. Zumindest konnte jeder musikalische Hörer die Metamorphosen des Wedekind’schen...