Wie ein Schrei nach Innen

Sonya Yoncheva setzt den Kurtisanen Puccinis,Verdis, Mascagnis, Leoncavallos und Massenets ein Denkmal

Ihr Glanz und ebenso ihr Elend ist hinreichend, mit staunenswerter Grandezza beschrieben worden. Und nicht erst im gleichnamigen Roman warf Honoré de Balzac im Frankreich des Bürgerkönigs Louis-Philippe, der nach der Julirevolution 1830 auf den Thron gespült worden war, einen liebevoll-strengen, zugleich zarten Blick auf die Kurtisanen von Paris. Schon im parallel entstandenen Opus «Verlorene Illusionen» hatte der kaffeesüchtige Schriftsteller diesen vom Weg abgekommenen Frauen seine Aufwartung gemacht, nicht ohne ihr Schicksal wortreich zu umschreiben.

Mochte eine Kurtisane noch so elegant und gebildet sein, die Doppelmoral der Bourgeoisie wies ihr – siehe auch die Romane von Alexandre Dumas, Victor Hugo und anderen – trotzdem immer den Platz am Ende der gesellschaftlichen Skala zu.

Was die Kurtisanen rettete, was sie schließlich unsterblich werden ließ, war die Vertonung ihrer Leiden(-schaften) durch Komponisten wie Verdi, Puccini, Giordano und Jules Massenet. Sie waren es, die den gefallenen Engeln Denkmäler aus Tönen errichteten und Arien zu Papier brachten, in denen nicht nur die größte Meisterschaft desjenigen, der sie schrieb, zum Ausdruck gelangte, sondern auch diejenige ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 27
von Jürgen Otten

Weitere Beiträge
Aus dem Geiste Brechts

All jene Inszenierungen von «Tristan und Isolde», die wirklich in die Interpretationsgeschichte eingegangen sind, bedienen Wagners äußerlich so aktionsarme «Handlung» und ihren hochromantisch gestimmten Lobpreis der Nacht mitnichten. Die feministische Kommunistin Ruth Berghaus verbot ihren Darstellern in Hamburg gar dezidiert jegliche Geste des Verliebtseins und...

Totaltheater

Als 1992 die «Entdeckung» Amerikas durch Columbus 1492 zelebriert wurde, kam Spaniens König Juan Carlos nicht umhin, diese Großtat vollmundig zu preisen: Erst die «hispanidad» habe der «Neuen Welt» mit der spanischen Sprache, dem Katholizismus und der eurozentrischen Kultur, der barocken Architektur wahre Würde verliehen. Doch in Lateinamerika hielt sich die...

Müder Monteverdi

Claudio Monteverdis «L’incoronazione di Poppea» ist inzwischen die wohl populärste, meistgespielte Barockoper. Das freche, respektlose Libretto verabschiedet die Sphäre des gestelzten Mythos und landet mit der Sex-and-Crime-Handlung aus dem alten Rom im menschlichen Alltag. Wie das «Dschungelcamp» heute zeigen uns schon Monteverdi und sein Librettist Giovanni...