Mörder unter uns
Wenn in der Ouvertüre zum ersten Mal der von drei dumpfen Paukenschlägen untermalte verminderte c-Moll-Septakkord erklingt, huscht über den noch geschlossenen Vorhang der schwarze Schatten eines Flugobjekts, das man nicht erwartet – eine Drohne.
In Jossi Wielers Straßburger Inszenierung, einer Koproduktion mit La Monnaie in Brüssel und dem Staatstheater Nürnberg, speist sich das Grauen, aber auch die Volkstümlichkeit dieses uns heute nicht mehr so recht geheuren romantischen Theaterspielwerks, so der Regiepartner Sergio Morabito, «nicht aus – beschworenem und/oder geächtetem – ‹deutschem Geist und deutscher Seele›, sondern aus den Verheißungen und Schrecken globaler Vernetzung, künstlicher Intelligenz und digitalisierten Überwachungs- und Kontrollstrukturen».
Die Gegenwärtigkeit, die das Regie-Duo behauptet, setzt aufs Ganze. Ihr «Freischütz» spielt heute, ohne auf platt oberflächliche Aktualisierung, gar Personifizierung zu zielen. Das Böse bedarf keines Samiels, keines Teufels mehr, sondern ist an die Technik delegiert, die uns alle mit ihrem immer wieder über die Szene huschenden schwarzen Schatten überwacht. Gleich die Introduktion ist kein harmlos-fröhliches Preisschießen, ...
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