Wanderers Abschiedslied

Simon Rattle setzt mit dem «Siegfried» sein «Ring»-Projekt fort

Opernwelt - Logo

Es ist schon faszinierend, wie vernehmlich Fafner klingt, wenn er mal nicht in der Ecke liegt und pennt. In vorsichtigen, zugleich markanten Sekundschritten wandelt er übers düstere b-Moll-Feld des «Siegfried»-Vorspiels, leise grummelnd und doch klar bei Sinnen, überaus präsent und der Situation gewärtig, die 90 Minuten später todbringend aus dem Ruder laufen wird. Richard Wagner hat für ihn die Kontrabasstuba ausgesucht, jenes Instrument, das wie kein zweites geeignet scheint, um die bizarre Atmosphäre in den Katakomben der Welt zu umreißen.

Zweimal noch wird dieser Blechbläserriese sich im Verlauf von Tag zwei des Bühnenweihfestspiels «Der Ring des Nibelungen» zu Wort melden, und auch in diesen Augenblicken ist die Gefahr, die von Fafner ausgeht, evident – bis der Titelheld dem kapriziösen Kapitalisten den Garaus bereitet.

Auch an solch scheinbar nebensächlichen Details wird deutlich, wie fein gewebt Simon Rattles Interpretation ist, mit der er sein 2015 mit dem «Rheingold» begonnenes «Ring»-Projekt an der Spitze des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks fortsetzt. Die Aufnahme ist ein Live-Mitschnitt, allerdings zusammengefügt aus zwei Konzerten im Münchner Gasteig ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2024
Rubrik: Medien, Seite 26
von Jürgen Otten

Weitere Beiträge
Vivat Bavaria!

Schenkt man sich Rosen in Tirol», «Ich bin die Christel von der Post», «Wie mein Ahnl zwanzig Jahr»: Die Dichte an Wunschkonzertschlagern ist wohl in keiner Operette höher als in Carl Zellers «Vogelhändler». Am Münchner Gärtnerplatztheater kommt jetzt noch einer dazu, da, wo im Original der «Rheinwalzer» lauert: «Du, mein Bayernland, bist so schön». Regisseur Bernd...

Temporeich

Vom Märchen zur Satire ist es oft nur ein Trippelschritt: Als der russische Theaterregisseur Wsewolod Meyerhold die Fabel «Die Liebe zu den drei Orangen» in die Finger bekam, ein quirliges Commedia-dell’Arte-Stück von Carlo Gozzi aus dem 18. Jahrhundert, erkannte er darin eine nachgerade perfekte Vorlage, um seine Idee vom antirealistischen Theater zu erproben....

Hörtragödie

Die Musik, die ich suche, ist mit dem Raum geschrieben: Sie ist in keinem Raum gleich, sondern arbeitet mit ihm», schrieb Luigi Nono mitten in der Entstehung seines «Prometeo», der im September 1984 als einziges Werk der Biennale Musica in Venedig uraufgeführt werden sollte. Das historische Unternehmen war Ergebnis einer außergewöhnlichen kollektiven künstlerischen...