Vom Wahnsinn gezeichnet
Nach einem Jahr Pause melden sich die Trierer Antikenfestspiele mit neuem Konzept zurück: Künftig will man sich dem Wiederentdecken von Opernraritäten im römischen Amphitheater widmen. Zum Auftakt hat man, passend zum Spielort, Arrigo Boitos Schmerzenskind «Nerone» ausgegraben – jenes Werk, an dem der Verdi-Librettist jahrzehntelang herumgedoktert hatte, ohne es je zu vollenden.
Nach der Uraufführung durch Toscanini 1924 – sechs Jahre nach Boitos Tod – war die Oper bald in den Archiven verschwunden.
Szenische Produktionen waren Mangelware, konzertante Wiederbelebungsversuche blieben stets umstritten, was sich am drastischsten im Verdikt des New-York-Times-Kritikers zur US-Erstaufführung unter Eve Queler 1982 niederschlug: Er bezeichnete Boitos Partitur kurzerhand als «Mussolini Music». Die Trierer Aufführung belegt dieses Urteil nicht. Boitos Musik ist, so wie sie GMD Victor Puhl interpretiert, bisweilen monumental, in den Massenszenen gekonnt emotionalisierend, in der Charakterisierung der Figuren deutlich platter als «Mefistofele». Aber sie hat nichts Faschistoides. Dem durchschlagskräftigen, präzise arbeitenden, szenisch wie musikalisch auf hohem Niveau agierenden Chor kommt ...
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Opernwelt September/Oktober 2010
Rubrik: Festivals II / Panorama, Seite 67
von Dieter Lintz
In Berlin verstarb der Bühnenbildner Reinhart Zimmermann, jahrzehntelang Ausstattungsleiter der Komischen Oper als Nachfolger Rudolf Heinrichs, dessen Assistent er gewesen war. Er hat unser
Musiktheater wesentlich mitgeprägt, in Zusammenarbeit mit Walter Felsenstein, Götz Friedrich, Michael Heinicke, Harry Kupfer, mir und anderen.
Als Rudolf Heinrich uns nach der...
Die Kammeroper «Pnima» war die herausragende Produktion der Münchener Biennale für Neues Musiktheater im Jahr 2000, sie wurde in der Kritikerumfrage dieser Zeitschrift zur «Uraufführung des Jahres» gewählt. Der ethisch und ästhetisch hoch riskante Versuch der 1957 geborenen israelischen Komponistin Chaya Czernowin, die Judenvernichtung durch die Nazis, genauer:...
Vivaldis «Juditha triumphans» und Verdis «Attila» als Teile eines zusammenhängenden Opernabends zu präsentieren, der (mit kurzen Unterbrechungen) von 18 Uhr bis Mitternacht währt, mag zunächst nach einem Wagnis klingen. Doch auf den zweiten Blick finden sich in den Sujets der Stücke so viele Parallelen, dass die Paarung durchaus Sinn macht. So geht es hier wie dort...