Viele Bauer, und doch kein Vogel
Vorbei, ihr herrlichen Fluxus-Tage! Als Charlotte Moorman noch nackt ihr rosarotes Eis-Cello in vielen Stunden zergeigte. Als Joseph Beuys in ranziger Butter schwelgte und Yoko Ono im Rhythmus eigener Kompositionen mit dem Kopf auf den Bühnenboden schlug: Das war einmal. Zurückgeblieben ist die Sehnsucht nach Happenings, die ebenso provokativ wie witzig, politisch hellsichtig wie tabubrüchig waren.
Auch die Dramaturgen der Berliner Staatsoper, die am Schluss der Spielzeit mit «Infektion!» alljährlich eine Spielwiese der neuen Musik bepflanzen dürfen, müssen sentimental daran zurückgedacht haben.
Also setzten sie Karlheinz Stockhausens «Originale» an, um ein Musikalisches Theater zu exhumieren, in dem bei der Kölner Uraufführung 1961 reale Zuschauer wie zufällig in musikalische Aktionen verwickelt wurden. Der Widerstand des Publikums, so berichten Kritiken von damals, war geplanter Teil der Komposition.
In der Werkstatt des Schiller Theaters begegnet das Publikum einer entgrenzten sozialen Plastik aus Sängern, Schauspielern, Aktionsmusikern, einem Maler und einem Dichter. In Gestalt des 85-jährigen Gerhard Rühm, der vier seiner Gedichte liest, spielt ein Autor mit, der zum Zeitpunkt ...
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Opernwelt August 2015
Rubrik: Magazin, Seite 71
von Kai Luehrs-Kaiser
Welche Rolle passt besser zu Ihnen? Musetta oder Sophie?
Beide passen. Ich bin handfest wie Sophie. Sie hat ein gewisses Feuer, etwa wenn sie sich über den Ochs aufregt oder energisch mit ihrem Vater spricht – das habe ich mir übrigens auch mal erlaubt, als ich 15 war.
Und wie hat Ihr Vater reagiert?
«Wer bist du denn?», hat er gefragt. Darauf ich: «Ich bin Golda, wer...
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