Verkanntes Meisterwerk
Nicht einmal in Frankreich gehört «Louise» von Gustave Charpentier zum eisernen Repertoire. Außerhalb der französischen Grenzen ist das Stück, wenn man von der großen Arie «Depuis le jour» absieht – übrigens die einzige wirkliche Arie der ganzen Oper –, ein Fall für Handbücher der Musikgeschichte, wo es als «erste naturalistische Oper» oder «Frankreichs Antwort auf den italienischen Verismus» abgehandelt wird. Zu Unrecht, wie nun die Aufführung in der Opéra du Rhin in Straßburg zeigt.
«Louise» ist die erste eigene Produktion des neuen Intendanten Marc Clémeur. Der Belgier, der zuvor die Flämische Oper in Antwerpen und Gent leitete, will selten gespieltes französisches Repertoire zu einem Schwerpunkt machen und damit auch deutsches Publikum locken. «Wagner können die Deutschen auch in Karlsruhe, Basel oder Baden-Baden sehen», sagt er, «hier können sie Neuland entdecken – einen Janácek-Zyklus zum Beispiel oder Rameaus komisches Meisterwerk ‹Platée›».
In der Inszenierung, die Vincent Boussard und sein Bühnenbildner Vincent Lemaire für Straßburg geschaffen haben, ist der Naturalismus nahezu verschwunden zugunsten eines ästhetisierenden Symbolismus. Verzerrte geometrische Räume im ersten ...
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Das diesjährige Opernfestival von Wexford war, was die künstlerische Qualität betrifft, möglicherweise das schwächste, das ich in den letzten 25 Jahren besucht habe. «The Ghosts of Versailles» von John Corigliano, ein Import mit hohem Anspruch, bot nur wenig von dem, wofür Wexford traditionell bürgt – auch wenn die Marie Antoinette von dem in Europa noch...
Wer diese Stimme je gehört hat, wird sie nicht vergessen: das dunkel-glühende Timbre, das unaufdringliche und unforcierte Volumen, die Mischung aus Eleganz und Kraft. Worte müssen zwangsläufig dürr erscheinen, wenn es darum geht, ein solches Phänomen zu umschreiben. Vielleicht kann man so sagen: Alles was George London sang, und wie er sang, war charakteristisch....