Vergiftetes Licht
In Glasgow lässt sich der Frühling bitten. Zwar sprießen auch hier Narzissenbüschel, doch das helle Grün spart die nassen Wiesen aus, zögert vor Büschen und Bäumen.
Den Kragen hochgeschlagen gegen Regenfäden, flüchten wir ins hellerleuchtete Theatre Royal, wo die Scottish Opera als Kontrapunkt zu Bartóks «Herzog Blaubarts Burg» eine Uraufführung zeigt: Lliam Paterson, seit 2014 Composer in Residence, musste der Kompanie bislang in kleineren Arbeiten seinen Wert beweisen – mit Szenchen für Opernhits-Tourneen oder einer Fanfare zur Einweihung der gelifteten Foyers; gerade schreibt er an einem Stück für Krabbelkinder. «The 8th Door» ist der Vertrauensbeweis für einen 25-Jährigen.
Auf der Bühne platzieren sich ein Mann und eine Frau. Die Schauspieler Elicia Daly und Robert Jack wenden uns den Rücken zu, ihre Mienen sehen wir auf einer Leinwand. Großaufnahmen zielen auf Kleinstregungen: ein Beben im Mundwinkel, das Kräuseln zarter Krähenfüße –Gesichtsmuskel-Zwiegespräche. Unterdessen bleiben die sechs Vokalisten in den Graben verbannt: Schade, dass ihre Stimmen, die mal solistisch, oft im Ensemble zum Zuge kommen, dort verstärkt werden müssen.
Die Partitur hat sieben musikalisch ...
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Opernwelt Mai 2017
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Wiebke Roloff
Die Frage, warum der Schöpfer dem Menschen den mächtigsten Trieb gegeben habe, um diesen sodann ganz oben auf die Verbotsliste zu setzen, hat den «roten Priester» wohl nie sonderlich gequält. Denn Antonio Vivaldi handelte in seiner Libido, glaubt man den Berichten, recht frei. Auf jeden Fall besitzt die schönste Hauptsache der Welt auch in seinen Opern einen...
Die Straßburger «Salome» hat noch gar nicht angefangen, schon sind wir mittendrin. Während das Publikum sich in der Opéra national du Rhin einfindet, streichen drei sehenswerte Grazien in geschlitzter Abendrobe einen Jüngling im Slip mit tiefroter Farbe an. Tiefrot sind auch die gewaltigen Flügel, die er umgehängt bekommt, mit denen er später, des knappen...
Es ist ein Rührstück, daran lässt Tatjana Gürbaca keinen Zweifel. Wenn Werther und Charlotte im vierten und letzten Akt doch noch zueinanderfinden, dies aber um den Preis von Werthers Leben und gewiss auch Charlottes Ehe geschieht, bleibt kein Auge trocken. Da öffnet sich die Bühne von Klaus Grünberg und gibt den Blick frei ins All – in jenen romantischen...