Unter Prolos

Köln, Müller-Wieland: Der Held der westlichen Welt

Opernwelt - Logo

Offensichtlich macht es dem Kölner Opernchor unbändig Spaß, einmal so richtig die (Rampen-)Sau rauszulassen – und über grünen Bierkästen aus Plastik eine virtuose Summ-, Stöhn-, Würg- und Kotznummer darzubieten. In den einhundertzehn pausenlosen Minuten von Jan Müller-Wielands neuester Oper ist das ein einsamer Höhepunkt, erzkomisch in jeder Hinsicht und musikalisch wunderbar ironisch auf den Punkt gebracht. Vor allem aber auch so prägnant, weil man nicht nach dem Sinn zu fragen braucht. Was man ansonsten permanent muss.


Was hat Müller-Wieland dazu verleitet, aus John Millington Synges dialog- und personenreichem, halb realistischem, halb fantastischem, hundert Jahre altem, etwas verschrobenem Stück «The Playboy of the Western World» eine Oper zu machen? Sein selbst verfasstes, das Drama geschickt nach der Übersetzung von Heinrich und Annemarie Böll verdichtendes Libretto weist zwar den Weg zur Parabel. Aber ein Gleichnis worüber? Über einen Jungen, der ­erwachsen wird – indem er vergeblich versucht, den Vater umzubringen, und damit prahlt? Über schräge ­Typen in einer westirischen Kneipe? Gar über den Oedipus-Komplex?
Das Missverständnis beginnt schon mit der Besetzung des ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Juni 2006
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Klaus Kalchschmid

Vergriffen
Weitere Beiträge
Gesellschaftskomödie

Der Komponist, 1661 in Paris geboren, starb 1741 in Lunéville bei Nancy. Diese geografische Nähe mag dazu beigetragen haben, dass die Opéra de Nancy sich endlich einmal auf Henry Desmarest (auch Henri Desmarets geschrieben) besann. Wenn in Deutschland, aber sogar in Frankreich, französische Barock-Oper angesagt ist, fallen meist die Namen Lully und Rameau. Von...

«Herzschlag des deutschen Volkes»

Dieses Buch kann ich nicht genug rühmen; es enthält die holdseligsten Blüthen des deutschen Geis­tes und wer das deutsche Volk von seiner liebenswürdigen Seite kennen lernen will, der lese diese Volkslieder. […] Auf dem Titelblatte jenes Buches ist ein Knabe, der das Horn bläst; und wenn ein Deutscher in der Fremde dieses Bild lange betrachtet, glaubt er die...

Bayreuther Puppenkiste

Frech ist der Mann ja: Während seine Regisseurskollegen an den Opernhäusern der Welt unter dem schier unerfüllbaren Anspruch ächzen, eine gegenwartstaug­liche Perspektive für Wagners «Ring»-Tetralogie zu finden, wirft der sechsunddreißigjährige Stefan Herheim kurzerhand das Werk, seinen Schöpfer und die gesamte Rezeptionsgeschichte von Nietzsche über Hitler bis zu...