UNGESTILLTES VERLANGEN
Drei Opern, drei Antlitze des Todes: «Il tabarro» endet mit einem Mord, «Suor Angelica» im Suizid, «Gianni Schicchi» schließlich bekundet Leben und Tod als Zutaten ein und derselben Komödie. Für «Il tabarro» liefert Tobias Kratzer eine präzise Milieustudie der Pariser Seineschiffer. Darin verwoben die ebenso banale wie realistische Dreiecksgeschichte um Michele, seine junge Frau Giorgetta und deren Liebhaber Luigi. Zum Mord kommt es fast beiläufig: Michele nutzt den bloßen Zufall, um seinen Rivalen zu beseitigen. Dessen Tod zieht den Schlussstrich unter eine Liebe ohne Zukunft.
Was er und Giorgetta für sich erträumten, ist jenseits ihrer sozialen und ökonomischen Lebenswelt angesiedelt, es ist illusorisch.
Ausstatter Rainer Sellmaier arbeitet auf den ersten Blick dem Verismo des Werks detailliert zu. Doch bei näherem Hinsehen erweist sich die Collage aus Schiffsführerhaus, Kajüte und Laderaum, mit der Sellmaier das Bühnenportal füllt, als der Düsternis und den irritierenden Blickwinkeln einer Graphic Novel wie etwa Frank Millers «Sin City» verpflichtet. Alain Altinoglu und das Orchestre Symphonique de la Monnaie drängen mit zügigen Tempi das Drama in die unvermeidliche ...
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Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Panorama, Seite 54
von Michael Kaminski
Wiener Spitzen
Wien war für Überraschungen immer gut, auch und gerade was die Besetzungen der Intendanten-Posten in der Opernmetropole betrifft. Wie nun gehen die beiden «Neuen», Lotte de Beer an der Volksoper (ab 2022/23) und Stefan Herheim am Theater an der Wien ihre Intendanzen an? Welche Zeichen wollen sie setzen? Und wie finden sie sich zurecht im Intrigen...
Diese Frau. Wir kennen sie nicht. Und doch wissen wir instinktiv, wer sie ist, was mit ihr geschieht. Oder bereits geschehen ist? Ganz klar wird das nicht. Sichtbar sind nur jene Tränen, die in Zeitlupe erst über die linke, dann über die rechte Wange kullern. Und ihre Augen, die uns fixieren, über Minuten, und deren Ausdruck anmutet wie der flehentliche Versuch,...
Der Text war brisant. Und kursierte deswegen anfangs in der Deutschen Demokratischen Republik nur «unter der Hand». Letztlich aber konnte (und wollte) auch sein Autor nicht verhindern, dass er in die breite Öffentlichkeit drang und dort, was Wunder, heiß diskutiert wurde. Nichts Geringeres nämlich hatte der umstrittene Dramatiker Peter Hacks versucht, als – in...
