Und fast ein Mädchen wars

An der Nederlandse Opera Amsterdam wird Manfred Trojahns «Eurydice – Die Liebenden, blind» uraufgeführt

Opernwelt - Logo

Hören Sie – die Stille – kann man sie hören?» Eine Rhetorik der permanenten zweifelnden Zurücknahme oder halben Dementierung prägt das vom Komponisten stammende Libretto, sein zweites nach seinem ebenfalls an der Nederlandse Opera uraufgeführten «Orest». «Ich habe ihn geliebt – liebte ich ihn?» Vagheit, von der schon Berlioz im Hinblick auf eine neue Ästhetik der Instrumentalmusik gesagt hat, dass sie eine ungleich höhere Ausdrucksmacht besitze als klar konturierte Positivität, ist das Signum des Werks.

Nach dem schroffen, scharfkantigen «Orest» präsentiert es sich als ein lyrisches Drama der Schwebe im Horizont von Debussys «Pelléas»: Ein piano-, ja, pianissimo-Stück der feinsten Texturen, realisiert durch ein groß besetztes Orchester mit seinen zitternden Holzbläser-Staccati, seinen triolen-, quintolen- und septolengesättigten ondulierenden Streichern (noch nie habe er so viele Wechselnoten geschrieben, bekennt Manfred Trojahn) und seinen kurz aufblitzenden, meist sordinierten Blechbläsersignalen. Vage bleiben auch die Didaskalien zu den einzelnen Episoden («Der Eine ist Pluton. Er könnte ein Schaffner sein ...»), und vage ist vor allem das Dénouement, denn unklar bleibt, ob ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Klaus Heinrich Kohrs

Weitere Beiträge
STRENG UND OHNE DROGEN

Irgendetwas stimmt hier nicht: Wir sind in einer grauen, grindigen Halle. Auf (Roll-)Stühlen und in alten Fauteuils: zu Skulpturen erstarrte, mit Tüchern verhüllte Figuren. Aber seitab, da sitzt, wie ein irritierender Farbfleck, eine strickende Maid mit blondem, geflochtenem Haarkranz und in blauem Dirndl (Kostüme: Angelika Rieck). Es ist Herzeleide, die gar nicht...

Drei Mal Leben

Wer Russland verstehen möchte (weniger die Menschen als vielmehr die Psychologie dieses unermesslich reichen Landes), wer nach seinen vielschichtigen soziokulturellen Wirklichkeiten, Irrealitäten und Absurditäten sucht – der findet in einem Buch Antworten, das sich anhand von vier Biografien konkret zwar «nur» mit der Zeit nach 1984 beschäftigt, dabei aber...

Oper mit Barbies

Frau Viise, wir haben Sie erstmals 2019 bei «BAM!», dem Berliner Festival für aktuelles Musiktheater in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz erlebt. Dort brachten Sie auf einer kleinen Bühne gerade stöhnend eine Plastikpuppe auf die Welt. Was war das für ein Projekt? 
Das war ein Teil der 14-stündigen Version von «DOLLS», die am Kopenhagener Teater FÅR302 als ein...