Unantastbar
Gerade die einfachsten Fragen sind oft die heikelsten. Und sie bringen selbst höchst kluge Köpfe in stammelnde Verlegenheit. Wie etwa die Frage, was Musik eigentlich sei. Um nicht eine allenfalls halbseriöse Definition zu bemühen, sei hier die satirische Formel des Komponisten und Pianisten Otto M. Zykan zitiert: «Musik ist alles, was nicht nur Gymnastik ist.» Das war natürlich, weit über die wienerisch-saloppe Floskel hinaus, eine sarkastische Attacke auf jenen Dirigententypus, bei dem das optische Drum und Dran bis zur choreografischen Selbstdarstellung gesteigert erschien.
Auf die surreale Spitze getrieben hat dies Mauricio Kagel in seinem Film «Solo», in dem ein greiser Pultstar, ganz ohne Orchester und Musik, einzig gestisch und mimisch seine hybride Vision von Werk wie Dirigieren exhibitionistisch vor Augen führt: als autistische Pantomime, als gespenstische Séance.
Die andere, weniger solipsistische Dirigentenperspektive ist die des charismatischen Machthabers, der Kollektive befehligt, Apparate und Institutionen dominiert, der für Glamour und Society (und manchmal auch für den Hofstaat), aber auch übergreifend für klassische Musik schlechthin steht: ein Herrscher, zumal ...
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Opernwelt Dezember 2021
Rubrik: Magazin, Seite 72
von Gerhard R. Koch
Dafür, dass der Titel des neuen Stücks – «Die Mühle von Saint Pain» (englische Aussprache) – eher Leid und Schmerzen argwöhnen lässt, fängt es gar nicht so düster an im Theater Basel. Der Zuschauerraum bleibt erleuchtet. Und die fünf Figuren, die der Reihe nach erscheinen, führen derart sarkastisch-bissige Dialoge miteinander, dass man meinen könnte, eine Autorin...
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber ich bin gerne im Ruhrgebiet unterwegs. Über die spezielle «Schönheit» dieses «Landstrichs» brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Nur so viel: Es gibt auch hier Schönheit(en)!
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