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Marschner: Der Vampyr HANNOVER | STAATSOPER

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Vor genau 100 Jahren ereignete sich ein kulturhistorischer Donnerschlag: die Berliner Uraufführung von Friedrich Wilhelm Murnaus Stummfilm «Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens». Vieles kam da zusammen: der schwarzromantische Vampir-Topos, die Verunsicherung nach dem Ersten Weltkrieg und last, not least eine unerhört suggestive Kino-Phantasmagorie, die bis heute das Unheimliche in stets neuen Varianten aktiviert.

Die Leinwandhistorie lebt von ihnen: von Dreyers unvergleichlichem «Vampyr» (1932) über Polanskis «Tanz der Vampire», Werner Herzogs Remake mit Klaus Kinski bis zu Jim Jarmuschs «Only Lovers Left Alive» mit Tilda Swinton. Wobei die Blutsauger-Story nicht selten auch politisch konnotiert war. So fand eine Rumänin, Polanskis Film sei durchaus auch als Parabel auf das Ceaușescu-Regime verstanden worden. Und Siegfried Kracauer («Von Caligari zu Hitler») sah im deutsch-expressionistischen Horror-Genre schon das NS-Wetterleuchten. 
Dass der Vampirterror auch aktuell um sich greift, lehrt nicht zuletzt Putins Ukraine-Krieg. Insofern kam die Hannoveraner Premiere von Heinrich Marschners Oper «Der Vampyr» zur rechten Zeit, zumal als Hommage an den lokal-heiligen Hofkapellmeister ...

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Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Panorama, Seite 50
von Gerhard R. Koch

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