Tiefgründig
Krähe, wunderliches Tier. Hockt da dürrbeinig auf der Stuhllehne, neigt, wie von Geisterhand berührt, von Zeit zu Zeit den Kopf, lauscht dann erneut dem leisen Gesang der dem Wahn Verfallenen, die im wallend weißen Nachthemd vor ihr sitzt und manisch die Hände aneinanderreibt, so als könne sie damit jene schwere Schuld tilgen, die sie auf sich geladen hat. Schon in Schuberts «Winterreise» stand der merkwürdig-verschrobene Vogel für Vergänglichkeit, für Irritation, ja für den Tod. Und so ist es auch hier.
Lady Macbeth hat ihr Leben verwirkt, nun bleibt ihr nur noch diese letzte große Abschiedsszene: «Vegliammo invan due notte», nachtwandlerischer Gesang, mehr Traumbild als Realität, gespickt mit zauberhaftesten Pianissimo-Tönen und weitgespannten, sich ins Herz bohrenden Linien.
Maria Callas hat die Partie nur einmal auf der Bühne gesungen, sie war die vielleicht beste Lady aller Zeiten. Doch Anna Netrebko kommt ihr in der Wiener Staatsoper nun sehr, sehr nahe. Ihr Sopran besitzt eine ähnlich suggestive Energie, diesen kaum spürbaren Hauch des Entrückten, der für diese Gran Scena del Sonnambulismo im vierten Akt von Verdis Musikdrama «Macbeth» eine so ungeheure Wirksamkeit ...
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Opernwelt August 2021
Rubrik: Panorama, Seite 33
von Jürgen Otten
Ob die arg dichotomische Teilung in Monogamie und Polygamie schon zu Mozarts Zeiten ein alter Hut war? Mit seiner Musik jedenfalls meidet der Experte in Liebesdingen jegliches Moralisieren. Die Duette der offiziell falschen Paare im zweiten Akt dieser «Schule der Liebenden» sind von so berückender Intimität und echter Zartheit, dass die Romantik der ewigen Liebe...
Diese Übersicht bietet eine Auswahl der bei Redaktionsschluss (5.7.) als Präsenzvorstellung geplanten oder als Stream angekündigten Premieren und Festivals des Monats August 2021. Weitere Informationen finden Sie auf den Websites der Häuser. Eine Liste mit Kontaktdaten gibt es online unter diesem Link: www.der-theaterverlag.de/serviceseiten/theaterlinks/
ML =...
«Alle maskiert, alle maskiert, wo Spaß und Tollheit und Lust regiert!» Wer sich in den Foyers und im Saal der Komischen Oper umschaut, muss an Johann Strauss’ «Eine Nacht in Venedig» denken. Über die Bühne geht dann aber ein anderes Werk des Walzerkönigs: «Der ‹Zigeuner›baron», wie er hier heißt. Die 100- Minuten-Fassung von Tobias Kratzer ist nicht nur...
