Tafelsilber, geputzt

Tafelsilber, geputzt: Die Staatskapelle Berlin ist nicht nur auf deutschen Klang abonniert

Merkwürdig: Je ärger die Berliner Opernkrise sich in den letzten Jahren zuspitzte, desto makelloser glänzte die Staatskapelle Berlin. Fast als «pièce de résistence» und Insel der Herrlichkeit inmitten eines Molochs. Schon zum vierten Mal (nach 2000, 2004 und 2005) ist das Orchester zum besten Klangkörper eines Opernjahres gewählt worden. Ein Grund zu sagen: So schlimm kann es um die Berliner Opern nicht stehen, solange ein so unverwechselbar individualisiertes, scheinbar schwankungsfrei brillierendes Orchester dort fast allabendlich den Klang vorgibt.


Die Premieren, für die sich die Staatskapelle in dieser Saison (mit einer Ausnahme) feiern ließ, boten eine «tour d’horizon» durchs deutsche, ita­lienische, russische und operettige Repertoire, vermehrt um eine Uraufführung. Es ist die Kehrseite der Berliner Doublettenpolitik: Wo alle sich aus dem gleichen Töpfchen einsamer Meisterwerke bedienen, können ­Orchester an eben diesen Partituren reifen. In Berlin hat davon auch das Orchester der Komischen Oper in den letzten Jahren sprunghaft profitiert. Es gibt also wohl einen Berliner Zusammenhang zwischen Sieg und Sumpf, zwischen Triumph und Trauerspiel.
Die Staatskapelle Berlin ist heute ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Jahrbuch 2006
Rubrik: Bilanz, Seite 124
von Kai Luehrs-Kaiser

Vergriffen
Weitere Beiträge
Kunst der Kontinuität oder: Was bleibt von 2005/2006?

Kunst komme nicht von Können, sondern von Müssen, meinte Arnold Schönberg. Die diesjährigen Ergebnisse unserer Kritiker-Umfrage zeigen noch etwas anderes: Kunst kommt von Kontinuität. Zumindest in der Oper. Dort kann Kontinuität ­viele Bereiche betreffen. Der schwerfällige Apparat eines Opernhauses braucht Zeit, sich auf bestimmte Leitlinien einzustellen, seien sie...

Die verletzbare Starke

Alceste ist tot, die Partie zu Ende. Die Protagonistin aber sitzt die letzten zehn Minuten der Aufführung noch an der Rampe: still, ohne zu singen, das ganze Drama um Leben und Sterben noch einmal rekapitulierend. Die kleinen Bewegungen ihres Kopfes, die Verschattungen des Blicks erzählen. Alceste blickt aus dem Jenseits zurück auf die Welt, auf Hoffnungen und eine...

Klingendes Spiel

Jeder Komponist wandelt sich während seines Schaffensweges. Trotzdem sind die für das Lebenswerk György Ligetis charakteristischen Änderungen sehr überraschend. Im 20. Jahrhundert kann man sie, wenn überhaupt, nur mit Igor Strawinskys kompositorischer Vielseitigkeit vergleichen. Ligeti geht noch über Strawinsky hinaus: Bei einigen Werken glauben wir ­einen anderen,...