Sorgfältig proportioniert
«Seichte Muse und neue Heimat» – unter diesem Motto bilanziert Ulrich Schreiber die britische Oper des 20. Jahrhunderts im unlängst erschienenen vierten Band seiner monumentalen Geschichte des Musiktheaters. In der Tat: Die Suche nach einer seit den Tagen Blows und Purcells verloren geglaubten nationalen musikalischen Identität sowie ein auch Sentimentalitäten nicht scheuendes Beharren auf der Tragfähigkeit des Prinzips Tonalität markieren jenen Sonderweg, auf dem sich nach 1900 – Ausnahmen bestätigen die Regel – die Mehrheit der angelsächsischen Tonsetzerschaft bewegte.
Zumal vor dem durch den NS-Staat forcierten Zivilisationsbruch blühte auf der Insel manche laue Blume einer edlen, nicht selten überzüchteten Neoromantik. Von Frank Delius bis Ralph Vaughan Williams, von Gustav Holst bis zu William Walton – es war vornehmlich ein an klassischen Werten orientiertes Schönklangideal, mit dem man daheim wie drüben «in Europa» zu punkten hoffte.
In die Reihe eines kompositorischen Konservatismus, der lieber in feinem Tweed auftritt als in revoluzzerhafter Stürmer- und Drängerpose, gehört nicht zuletzt Lennox Berkeley (1903-1989), ein Zeitgenosse Benjamin Brittens. Doch während Britten ...
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Herbert Wernicke hätte es wohl gefallen, dass sein Basler Bühnenbild für den ersten Teil von Händels «Israel in Egypt», das letzte, das er vor seinem Tod im Frühjahr 2002 noch entwerfen konnte, in der Jubiläums-Inszenierung der «Lustigen Witwe» in Hannover konserviert und produktiv weiterentwickelt wird. Mit dem Zuschauerraum des Bayreuther Festspielhauses auf...
Wie schon im «Rheingold» stellt Christine Mielitz bei ihrer «Walküren»-Deutung die Abrechnung mit den Überirdischen, auf die Richard Wagner das irdische Versagen menschlicher Beziehungen und Verflechtungen projiziert, in den Mittelpunkt. Mielitz’ entlarvende Regie ist politisch und gesellschaftlich klar auf heute bezogen. Manches gelingt ihr befreiend und...
Die europäische Aristokratie war die Geburtshelferin der Oper. Ohne Fürsten und Könige, die Operntheater errichteten und Aufführungen finanzierten, hätte die Gattung wohl kaum jenen Aufschwung genommen, der ihr im 17. und 18. Jahrhundert zuteil wurde. Jeder Fürst, der etwas auf sich hielt, hatte sein eigenes Theater, in dem natürlich auch Oper gespielt wurde. Dass...