
Foto: Ludwig Olah
So nah, so fern
Wieder am 2. April.
Manchmal sieht man es erst auf den dritten Blick. Wenn Vaters schmuckes Jackett speckige Flecken bekommt, wenn Mutter nur noch Billigstfleisch beim Discounter kauft – oder wenn das Kind nicht mit auf Klassenfahrt kann: Es strauchelt sich schnell in exakt jenem sozialen System, in dem der wahre Status getarnt sein will.
Existenznot beginnt mit kleinen, verhängnisvollen Schritten – nur ob dafür Georg Büchner und Alban Berg die richtigen Anwälte sind? Auf eine Stilisierung, die nicht zu Voyeurismus einlädt und Peinliches provoziert, hat sich die Regie beim «Wozzeck» ja seit Längerem verständigt. Umso überraschender, wenn eine Inszenierung wie am Staatstheater Nürnberg zur Konkretisierung, zur Verdinglichung, viel riskanter: zur Aktualisierung drängt.
Der Abgrund, so suggeriert es Georg Schmiedleitner, klafft also nicht nur vor kleinstädtischen Soldatenfamilien Anfang des 19. Jahrhunderts. Auch der Mittelstand anno 2017 muss sich in Acht nehmen. Es geht den Wozzecks nicht gut. Ledersofa, viele Amazon-Kartons mit Elektronikware, doch an den Wänden finden sich kleine rote Parolen. Und als das Kind einmal sein Plüschtier mit dem Gürtel schlägt, so wie es Papa immer mit dem Hauptmann ...
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Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Markus Thiel
Bescheidenheit blieb seine Zier. Kurt Moll war ein Star, der in Tokio genauso Beifallsstürme auslöste wie in München oder Wien. Seine Residenzen an der Metropolitan Opera dauerten bisweilen so lang, dass seine Kinder in New York auf die Schule gingen. Dennoch war ihm eitles Gehabe fremd. Er kannte Kollegen, mit denen er einmal gesungen hatte, selbst nach Jahren...
Wenn’s so klingt wie hier, muss einem um Europa nicht bange sein. Freilich ist dabei weder vom Kontinent dieses Namens die Rede noch von einer Europäischen Union in Zerrüttungsgefahr, sondern von «Europa riconosciuta», Antonio Salieris Oper. Und von der Titelpartie in der Gestaltung durch Diana Damrau zur Inaugurazione des Teatro alla Scala 2004 (die DVD kam erst...
Je älter er werde, so hat Dmitri Hvorostovsky einmal bekannt, desto näher fühle er sich Russland. Tiefer wolle er eintauchen in die Opernpartien seiner Heimat, zu einem Experten werden. Auch diese CD sollte den Weg dahin bahnen. Doch ob es jemals zu Engagements kommt? Ein Hirntumor zwang Hvorostovsky bekanntlich zum Rückzug von der Opernbühne, eine «Pause» sollte...