«Sie ist die genialste Frau, die mir je vorgekommen!»

Eigentlich wollte und sollte sie gar nicht Sängerin werden, sondern Pianistin. Doch dann wuchs sie zu einer Jahrhundertkünstlerin, und die Bühne wurde ihr Reich: Pauline Viardot-Garcia, die vor 100 Jahren starb, verfügte über einen Tonumfang von fast drei Oktaven, konnte sich schon als Teenager neben den Koryphäen ihrer Zeit behaupten, wurde nicht nur von Berlioz und Heine geliebt, sondern auch von George Sand, die sie in einem Roman porträtierte. Im Duett mit Richard Wagner sang sie eine private Voraufführung des zweiten «Tristan»-Akts. Giacomo Meyerbeer machte die Uraufführung seines «Propheten» von ihrer Mitwirkung abhängig. Was für eine Frau, was für eine Stimme, was für ein Leben muss das gewesen sein! Was uns an Dokumenten davon und darüber erhalten ist, hat Ekkehard Pluta gesichtet. Sein Essay verspricht eine spannende Zeitreise. Danach kommt einer der wichtigsten Gesangspädagogen unserer Zeit zu Wort: Rudolf Piernay kennt wie kaum ein Zweiter Chancen und Grenzen der Ausbildung und beantwortet einige grundsätz­liche Fragen.

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Weder durch unerhörte Kehlfertigkeit, noch durch jene kleine Koketterie des Vortrags, durch die viele Sängerinnen sich den Beifall bald zu erlächeln, bald zu erweinen wissen, sucht sie sich Triumphe zu bereiten, aber sie entzückt durch die natürliche Anmuth ihrer metall- und umfangreichen Stimme und ihres Vortrages, die Wärme und Wahrheit des Gefühls, die schon im bloßen Stimmklange, in einem ausgehaltenen Tone sich offenbart. Sie ist keine Gesangsvirtuosin, sondern eine Sängerin.



Das Brust-g in der kleinen Octave, das bei der Fülle und Rundung seines Tones auch auf das f schließen lässt, welches der tiefe Alt als Grenzton besitzt, lässt nimmermehr das c3 im Kopffalsett vermuthen, das sie gleichwohl klar und voll im Laufe oder Sprunge erreicht, noch das h2, auf welchem sie Fülle und Kraft im höchsten Grade zu entwickeln vermag.

Ihr dient, wie bei allen großen Vortragenden, denen das heilige Feuer der Poesie nicht mangelt, die Virtuosität nur zum Ausdruck der Idee, des Charakters eines Werkes oder einer Rolle.

Ihre außergewöhnlich kraftvolle Stimme mit einem bewunderungswürdigen Umfang, die sämtliche Schwierigkeiten der Gesangskunst durchbricht, diese wundervolle Stimme ist nicht ...

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Opernwelt Jahrbuch 2010
Rubrik: Leben mit der Stimme, Seite 76
von Ekkehard Pluta

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Vor gar nichts. Ich bin nur neugierig. Im Falle von «Dionysos» kam die Partitur schubweise. Es war jedes Mal sehr spannend zu sehen, wie sich...